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3 Minuten Lesezeit (510 Wörter)

Allez! Allez!

Allez! Allez!

„Aaaaaaaaleeeeeeeeeeeeeeeeee" tönt es von unten, während ich gerade meine Arme am Rastpunkt ausschüttle. Verblüfft spähe ich nach unten. Was war denn das jetzt?

Mein Sicherungspartner schaut treuherzig zu mir herauf. Und wieder: „Aaaaaaleeeeee".

Da schlafen einem ja die Füße ein! Will mich der Kollege hier heroben etwa einschläfern? Unter anfeuern stelle ich mir, ehrlich gesagt, etwas anderes vor. Und außerdem – französisch! Als ob die deutsche Sprache dafür nicht ausreichen würde! Ich habe ja auch schon „Venga Venga" gehört. Und das im Grazer Bergland!

Früher reichte ja auch „Geht scha! Zah aun! Gib ihm!" Und das in einer Lautstärke, die die Eichhörnchen gleich einmal auf den höchsten Ast flüchten ließ. Da wusste man – es geht um die Wurst. Loslassen verboten!

Überhaupt entdecke ich ein Verkommen der heimischen Sprache im Klettersport. In den achtziger und neunziger Jahren hatten wir ein richtig buntes Vokabular an Phrasen, Redewendungen und Wörtern, die mittlerweile fast nicht mehr zu hören sind.

Wer siedelt heutzutage noch über glatte Platten, nur um an deren Ende mit letztem Rotz einen Zangler herzukitzeln, der einen – welche Fettn! – gerade noch vorm abgellen bewahrte.

Die drohende Radelle die Mauer hinunter konnte also noch abgewehrt werden. Trotzdem, man hatte einen Ärmel, der jenseits von Gut und Böse war. Das Seil hieß Hadern und die Exen waren hundsgewöhnliche Schlingen.

Manchmal, wenn man besonders gut drauf war, tänzelte man die Wand hoch. Meistens schürfte man, grub mit den Böcken durch oder eierte sich nach oben. Wenn einen dann auch noch die Nerven verließen, kam der Flattermann ins Spiel. Man vibrierte sich von Haken zu Haken, während der Sicherungsmann unten im Gedax stand und das Schauspiel kritisch verfolgte. „Schwing di aufi" schrie er. „Dort oben ist eh ein Hawl".

Foothooks, Toehooks und Heelhooks gab es zwar schon, aber damals schmiss man halt einfach seinen Haxen hinauf. Hatte man dann noch das Pech dabei einen Stein zu lösen und den in Richtung Sicherungsmann rasen zu lassen, wurde man als „Hawara mit Bortwischfias" betitelt.

Auch gab es zu diesen Zeiten keine einzige Route die man als geil oder gar als lieblich betiteln konnte. Die meisten waren ultimativ supergschissen. A richtige Oaschpartie halt.

Bereits beim Hochschauen legte es uns oft die Ohren an und wir schwitzten uns vor den Hakenabständen mächtig an. Man wusste – dort oben wird ein Glücksdynamo fällig sein, bei dem es einem die Eisen ziehen wird. Nicht selten gingen dabei auch noch die Griffel auf und die Folge war eine Brezn die sich gewaschen hat. Wenn der Sicherungsmann da nicht aufpasste, hatte man gute Karten am Waldboden zu detonieren. Nicht ohne sich zuvor selbst noch aufs eigene Wadl geschissen zu haben.

Kürzlich war ich wieder einmal im bloc-house zum Bouldern. Ein Problem dort gelang mir nur mit Hilfe hemmungslosen Knieeinsatzes.

Kurz darauf sah ich einen weiteren Aspiranten an derselben Stelle kämpfen. „Mach einen Mariazeller" rief ich zu ihm hoch. „Einen Mariazeller! Mit rechts!" Mein Ratschlag verhallte ungehört. Der Junge mühte sich noch eine Weile ab bevor ihn die Kräfte verließen und er neben mir auf der Matte zerschellte. Verdutzt sah er mich an. „Mariazeller!" sagte er kopfschüttelnd zu mir. „Du hast vielleicht Ausdrücke".

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Kommentare 5

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Michael Gattol

am Samstag, 11. Februar 2017 17:58

mein kletter motivations vokabular beim klettern besteht nur aus geht scho!! oder jetzt reiß on!!
auf kletterreisen kommt einem ja so einiges unter wie manch kletterer über schlüsselstellen vom sichernden gejagt wird

  • 1
mein kletter motivations vokabular beim klettern besteht nur aus [b]geht scho!![/b] oder [b]jetzt reiß on!![/b] :p auf kletterreisen kommt einem ja so einiges unter wie manch kletterer über schlüsselstellen vom sichernden gejagt wird ;)

Irmgard Braun

am Donnerstag, 17. August 2017 17:42

Walter Laserer

am Freitag, 18. August 2017 13:14

Jobo - du hast dich mit dieser Geschichte ein weiteres Mal selber übertroffen. Ich frag mich, wie ein gelernter Techniker so gut schreiben kann......

  • 2
Jobo - du hast dich mit dieser Geschichte ein weiteres Mal selber übertroffen. Ich frag mich, wie ein gelernter Techniker so gut schreiben kann......

gelöschter User

am Freitag, 18. August 2017 14:10

"Mariazeller" is deshalb net so bekannt, weil die Jugend von heute net mehr in die Kirchn geht und dort scho gar net niederkniat, vor gar niemanden. Eh ein Unding dieser Religionsscheiß und das, wo man sich als Kletterer draußen die ganze Zeit mitten in der Schöpfung befindet! Besser als jedes Gebetshäusl für die verwirrten Menschen!

Was i no vermisst hab "Hau' dein Huaf aufi!"

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"Mariazeller" is deshalb net so bekannt, weil die Jugend von heute net mehr in die Kirchn geht und dort scho gar net niederkniat, vor gar niemanden. Eh ein Unding dieser Religionsscheiß und das, wo man sich als Kletterer draußen die ganze Zeit mitten in der Schöpfung befindet! Besser als jedes Gebetshäusl für die verwirrten Menschen! Was i no vermisst hab "Hau' dein Huaf aufi!" :D

Stefan Gruber

am Montag, 21. August 2017 18:01

Am effektivsten als Motivation empfand immer: "Jetzt grall hoit weida, sunst nimm i di aus der Sicherung!"

Apropos Motivation: In den Lienzer Dolomiten vernahm ich einmal ein Kletterpärchen in einer alpinen Route mit dem schon etwas verzweifelten aber bestimmenden Kommentar des Nachsteigers: "Wenn wir oben sind, bring ich dich um!". Ob sich der Vorsteiger dazu entschloss weiterzuklettern, entzieht sich leider meiner Erkenntnis.

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Am effektivsten als Motivation empfand immer: "Jetzt grall hoit weida, sunst nimm i di aus der Sicherung!" ;) Apropos Motivation: In den Lienzer Dolomiten vernahm ich einmal ein Kletterpärchen in einer alpinen Route mit dem schon etwas verzweifelten aber bestimmenden Kommentar des Nachsteigers: "Wenn wir oben sind, bring ich dich um!". Ob sich der Vorsteiger dazu entschloss weiterzuklettern, entzieht sich leider meiner Erkenntnis.