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10 Minuten Lesezeit (1982 Wörter)

Klettertagebuch #1 Val di Mello

 Beautiful Val di Mello!

12 atemberaubende Tage im wunderschönen Val di Mello sind vorbei. Hier ein kurzer Einblick in  meine Erlebnisse.

Viele kennen es vielleicht durch das Melloblocco, einige vielleicht, weil sie schon selber dort Urlaub gemacht haben und andere vielleicht auch überhaupt nicht. Das Val di Mello ist das Klettergebiet für jedermann; ob Boulderfreak, Sportkletterfanatiker oder Mehrseillängenguru - hier gibt es für jeden und jede etwas - fad wurde uns bei unserem Trip definitiv nicht.
Trotz der vielen Möglichkeiten stand für mich von Anfang an das Bouldern im Mittelpunkt. Wenn man einfach 2min zum Boulder geht, bei Kälte sogar im Haus noch aufwärmen kann; und das alles noch inmitten einer bezaubernden Landschaft - einfach unglaublich!

Aber nun weg von der ganzen Schwärmerei und rein in das Abenteuer Val di Mello!

Überblick über einen Teil von Val Masino

​6 Uhr Start, Ankunft um 16:30 in Val Masino und Schlüsselübergabe für unsere Unterkunft, die uns in den nächsten 2 Wochen als Basecamp dienen soll.
Schon bei der Fahrt in das Tal wurde mir richtig warm ums Herz; grüne Wiesen, ein rauschender Fluss, gemauerte Häuser aus Granitblöcken umgeben von meterhohen Felswänden und Boulder- sowie Kletterrouten ohne Ende! Und vor allem keine Menschen!
Ich habe sofort gemerkt, das ist der perfekte Ort um abzuschalten; reine Bergluft, keine Autoabgase geschweige denn deren Geräusche, absolute Ruhe!

Aber nix mit Ruhe geben, nach 10 Stunden Autofahrt soll man mal probieren ein Rudel von Kletterern ruhig zu stellen. Noch bevor wir den Schlüssel unserer Unterkunft in der Hand hielten, wurden schon die ersten Sektoren ausgecheckt und kurz danach auch schon die Crashpads gepackt und zu den ersten Blöcken getragen.
Und dann endlich der erste Kontakt mit dem Felsen im Val die Mello! Reinster Granit! Leisten wie im Bilderbuch, für jeden, der genügend Fingerstrom mitbrachte einfach nur ein Paradies. Aber anfangs wirkte der Granit wie ein zweischneidiges Schwert - jeder, der schon einmal Granit unter die Finger bekommen hat, wird das bestätigen können. Einerseits bietet er dutzende Strukturen und überall Möglichkeiten um kleine Leisten, Nuppeln, etc. herzuknallen, aber andererseits bohrt sich der raue Granit in Schuhe wie auch in die zuerst aufgebaute Hornhaut der Finger. Gewöhnungsbedürftig, aber einfach nur genial und geilste Reibungskletterei!
Wie können solch anstrengende Tage nicht besser enden, als mit ein, zwei oder vielleicht doch ein paar mehr Bierchen. (vor allem da für den nächsten Tag Schlechtwetter angesagt wurde)


Traumhafte 7a Kante, die ich erst am Tag vor unserer Abreise durchgestiegen bin

Die Erkundungstour

Nach ausgiebigem Frühstück machten wir uns auf zum Blockscouten und Lage checken. Aufgrund des angesagten Schlechtwetters konnte man zumindest am Vormittag an Klettern bzw. Bouldern überhaupt nicht denken.

Gegen Nachmittag hin legte sich der Regen und wir entschlossen uns ins Val di Mello zu fahren. Zum Glück; denn wenn man schon so eine lange Strecke auf sich nimmt, will man nicht gleich am 2. Tag der Reise pausieren.
Als wir schlussendlich ins Val di Mello hineinkamen, bot sich uns eine Landschaft dar, von der man einfach schwärmen musste! Ein Fluss, dessen Wasser klarer war, als ich es mit je hätte vorstellen können und direkt neben dem Fluss unzählige trockerne Blöcke mit gigantischen Linien!
Zwar hatten wir vor, das ganze Gebiet zu erkunden, jedoch sind wir nicht weit gekommen; nur vom Parkplatz über die Brücke auf die andere Flussseite und schon erschien vor uns die erste mega geile Boulderline!

Diese unglaubliche Kante hat mich den ganzen Urlaub beschäftigt, obwohl ich sie eigentlich nur an insgesamt drei Tagen probiert habe. Aber ich habe es mir zum Ziel gesetzt, diese durchzusteigen und somit blieb sie immer in meinen Gedanken......und Träumen. Man startet im Sitzen an mäßig guten Zangen; darauf folgt ein weiter Schulterzug auf eine schlechte Leiste für links, die aber, sobald man einen Hook an die Kante gelegt hat, erstaundlich gut hält. Danach ein Kreuzer auf eine weitere Leiste für rechts und dann entlang der Kante bis man zu einem eher schlechteren Sloperloch kommt. Dann noch mittels Hook über die Kante schieben und die Platte entlang bis zum Top des ca. 5-6m hohen Blocks. Unglaubliche Line! Der Durchstieg war für mich einfach ein unbeschreibliches und befreiendes Gefühl, als wäre mir ein Stein vom Herzen gefallen!

Restdayaktivität

Repairset für die Finger


Nach 4 Tagen Klettern bzw. großteils Bouldern brauchte mein Körper, vor allem meine Haut, eine Pause. Das Klettern an Granit fordert eben auch sein Tribut. 

Nachdem ich genügend Schlaf bekommen hatte, wagte ich mich aus meinen Schlafsack und begutachtete die Folgen der letzten Tage. Abgesehen von den normalen Wehwehchen, die beim Klettern so auftreten, wurde meine Haut ziemlich in Mitleidenschaft gezogen. Aber für diese Fälle habe ich mir extra ein kleines Set mit allen wichtigen Dingen (Schleifpapier, Hautschere, etc.) zur Prävention/nachbehandlung zusammengestellt. (vielleicht später einmal mehr dazu)

Da wir wunderschönes Wetter an diesem Tag hatten, konnte ich nicht einfach in unserer Unterkunft sitzen und nichts tun. Deshalb wurde mein Rucksack  gepackt und die Umgebung erkundet. Schon am ersten Tag habe ich hinter unserem Haus einen atemberaubenden Wasserfall entdeckt, zu dem kein ersichtlicher Weg führte. Also folgten nun ca. eineinhalb Stunden des Durchkämpfens durch Geröll und Gestrüppt bis ich schlussendlich vor einer riesen Felswand, von der die Wassermassen herunterflossen, stand.



Ganz unten am Wasserfall; Das Ziel ist noch ein paar Minuten entfernt

Auch wenn sich der Weg bis ganz nach oben teilweise als sehr schwierig und trügerisch (keine Ahnung wie oft ich umgekehrt bin) entpuppte, für dieses Ziel nimmt man diese Strapazen gerne auf sich. (Das erste Foto wurde vom Wasserfall aufgenommen)
Oben angekommen, legte ich meinen Rucksack ab, setzte mich an den Felsvorsprung und genoss die atemberaubende Aussicht. In diesem Moment überkam mich ein Gefühl völliger Freiheit - an diesem Ort zu sitzen, in Ferne zu blicken und die unberührte Natur zu bewundern; was will man mehr!

Ich kann diese Wanderung wirklich nur jedem empfehlen (alleine schon wegen der erfrischenden Kopfdusche, die ganz Oben am Wasserfall wartett), der sich gerne seine eigenen Weg durchschlägt, jedoch sag ich gleich, es ist besser den gleichen Weg wieder zurückzugehen wie man heraufgekommen ist. :D

Da sich der Wasserfall gleich hinter unserer Unterkunft und hinter dem dortigen Sportklettersektor befindet, hab ich mir gerdacht, dass ich da sicher einen schönen Weg durchfinde - denkste!
Hätte wohl nicht so lange gebraucht, wenn ich den gleichen Weg, den ich zum Wasserfall heraufgekommen bin, wieder zurückgegangen wäre. Aber was macht man nicht alles, wenn man sich etwas in den Kopf gesetzt hat. So folgte ich einem Pfad, der vermutlichen von Ziegen oder sonstigen Lebenwesen, definitiv nicht von Menschen, ausgetreten wurde; kämpfte mich durch Dornensträucher und holte mir ein paar Schrammen - für eine Ziege wäre der Weg sicher peferkt gewesen;D
Wenn man sich dann endlich durch die Dornen durchgeschlagen hatte, stolperte man mit den Kopf vorraus in das Revier der dort ansässigen Bergziegen. (Vermutung beruht auf den dort hinterlassenen Exkrementen)
Dann noch über Stock und Stein oder wohl eher über riesen Abhänge und mega Blöcke und schon war man im Sportklettergebiet.
Also eigetlich ein super Wanderweg ;D - aber vielleicht das nächste Mal doch anders zurück!

Nach dieser Tour hatte ich nun genug Aufregung für diesen Tag und entschloss mich Richtung Preda Rossa zu wandern. Eine schlichter Spaziergang durch Val Masino und dann ein Stück entlang der Straße, über unzählige Serpentinen bis man schlussendlich auf einen richtigen Wanderweg abbiegen kann. Oder, so wie ich, der glaubte den richtigen Wanderweg zu nehmen, bis ich dann nach ca. 20min Gehzeit vor einer Hütte und einem dahinterliegendem Moor stand. - keine Chance hier weiterzukommen. Ein wenig enttäuscht machte ich Kehr und war schon bereit für den Rückweg, als ich dieses idyllisches Plätzchen entdeckte:

Der Ärger über die falsch genommene Abzweigung war nach diesem Fund schnell verflogen; tiefenentspannt machte ich es mir hier gemütlich und ließ den Tag ausklingen. 



Unsere Unterkunft und im Hintergrund vermutlich der Hauptsektor zum Sportklettern

Seilklettern

Seilkletterer/innen bleiben im Val di Mello auch nicht auf der Strecke!
Am größten Monolith der Alpen finden sich unzählige Routen von leicht bis schwer wieder. Egal ob athletische Züge, Leistenknaller und Plattenschleicher, für jeden ist das Richtige dabei. In den leichteren Schwierigkeitsgraden ragen die Routen teilweise 30-40m in die Höhe; schwerere Touren sind jedoch charakterisiert durch kurze kraftraubende Stellen, eigentlich wie lange Boulder. Oftmals auch ein Boulderproblem in der Route und dann nur mehr ein angnehmer Ausstieg bis zum Umlenker. 

Auch Alpinkletterer kommen hier nicht zu kurz. Teilweise gibt es einige Linien, die an traumhaften Rissen selbst abzusichern sind. Also eigentlich gut zum ausprobiern. (nichts für mich, daher kann ich hier nicht viel dazu beitragen)

Direkt hinter unserer Unterkunft trifft man auf einen Sektor, der vorzugsweise Platten zu bieten hat. Von leichten Einsteigerplatten im 5ten Grad bis hin zu schwereren Touren im 8ten Grad und höher. Platten sind zwar jetzt nicht mein Lieblingsbereich im Klettern, aber auch ich kam in den Genuss auf winizigen Tritten zu balancieren und kleine Leisten herzuknüppeln. So scary! Aber... unglaublich wie gut die Finger, aber vor allem auch die Gummisohle der Kletterschuhe, auf Granit hielten.

Was nun die Auswahl an Mehrseillängen betrifft, so kann ich selber nur von Erzählungen meiner Kameraden berichten. Aber wie ich dem Kletterführer entnommen habe, gibt es auch hier unzählige Touren im Val di Mello, teilweise abgesichert, teilweise müssen selber noch Sicherungen angebracht werden.


Bouldern

Hier kann ich endlich aus eigener Erfahrung sprechen. Sowohl in Val Masino als auch im Val di Mello gibt es eine riesen Anzahl an Boulderlinien in allen Schwierigkeitsgraden. Von Auflegern, Leisten, Platten über Kanten, extremen Überhängen bishin zu Dynos - es ist alles dabei, was das Herz eines Boulderers begehrt. In Val Masino kann man direkt von der Unterkunft aus in nur wenigen Minuten sehr viele Boulder erreichen, was für mich sehr wichtig war, da ich öfters schon in der Früh, noch vor dem Frühstück, einige Go's in meine Projekte reingehaut habe.

Wenn man mit dem Auto eine ca. 10 minütige Autofahrt auf sich nimmt, gelangt man in das wunderschöne Val di Mello. Der richtige Ort um komplett abzuschalten, zumindest zu dieser Zeit. Denn im Sommer muss es hier nur von Menschen wimmeln; das haben wir das erste Mal in der Woche nach Ostern bzw. am Osterwochenende gemerkt. Viele Familien, aber auch Kletterer finden ihren Weg ins Val di Mello. An Sportklettern war dann kaum mehr zu denken, da einfach viel zu viele Menschen den riesen Monolith besiedelten. Beim Bouldern jedoch nahm man die gewaltige Menschenmenge kaum wahr. Immer fand man ein Plätzchen für sich, musste sich keine Sorgen machen, dass sein Projekt besetzt war und konnte ungestört die unglaubliche Landschaft des Val di Mello bewundern.

Die Gehzeit zu den einzelnen Blöcken im Val di Mello beträgt nicht einmal eine Minute; sobald man aus dem Auto ausgestigen ist, spaziert man entweder die Straße ein Stück zurück oder überquert gleich den rauschenden Bach und steht sofort vor den ersten Boulderblöcken. Taleinwärts zieht sich neben dem Bachlauf eine langgezogene Wiese auf der immer wieder freistehende Blöcke einfach herumliegen. Talabwärts gelangt man über einen Wanderweg in einen nicht so dicht bewachsenen Wald und findert dort dann ohne großartige Sucherei mega Linien.


Soooooo, das waren nur ein kleiner Teil meiner Eindrücke vom wunderschönen Val di Mello; es ist einfach schwer so viel Erfahrungen und Eindrücke niederzuschreiben und die Erlebnisse mit so viel Emotion wiederzugeben, wie es wirklich war (vor allem, dass es beim Lesen so rüberkommt). Auch wenn man durch Fotos einen kleinen Einblick in die Landschaft dort bekommt, kann man nicht einmal mit der besten Kamera das Gefühl, das einem dort wirklich vermittelt wird, aufnehmen. Ich hoffe, dass ich hier jedem und jeder einen kleinen Einblick geben konnte und sich meine Freude und Begeisterung eindrucksvoll widergespieglt hat. Wenn jemand noch mehr wissen will, einfach schreiben, mich ansprechen oder sonst irgendwas, was euch einfällt. :D

Danke an alle, die bei diesem Trip dabei waren; es war einfach eine unglaubliche Zeit, die leider viel zu schnell vorbei war, aber hoffentlich bald wiederkommt!

Liebe Grüße,
Alex

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