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4 Minuten Lesezeit (762 Wörter)

"GBL History – Nomen est omen"

Ixtlan

Der Friend klemmte genau zwischen meinem Knie und dem Fels und sandte pulsierende Schmerzsignale in mein Hirn. Ich hatte höllische Angst aus diesem Offwith hinauszufliegen und auch wenn ich im Nachstieg unterwegs war, kletterte ich wie um mein Leben. Mit allem was ich hatte verkeilte ich mich in dem überhängenden Schlund. Kaum jemals zuvor erlebte ich eine solch intensive Mischung aus Schmerz, Angst und dem unbändigen Willen nicht loszulassen wie in diesem Moment. Ich war tatsächlich auf der „Reise nach Ixtlan" Auf dem Weg zu mir selbst. Auf dem Weg nach Hause.

Wer Ixtlan einmal besucht hat, den lässt es nie wieder los. Und jene, die bereit sind, es zu fühlen, beschenkt es mit dem überwältigenden Wissen, dass der Geist lebendig und hier und jetzt präsent ist – und nicht etwas, das auf einen erst am Ende seiner Tage wartet!"

Die Erstbegeher, Ernst und Roman Gruber, wählten den Routennamen mit Bedacht. Kein anderer Name hätte besser zu dieser genialen Linie im Brunntal gepasst wie dieser, nach dem gleichnamigen Buch von Carlos Castaneda.

Überhaupt haben viele Routennamen im Grazer Bergland einen Ursprung oder eine tiefere Bedeutung, welcher heute nur mehr wenigen bekannt ist.

Wer weiß noch wie der "Leinenzwang" in der Arena zu seinem Namen gekommen ist? Die Tour hätte ursprünglich „Zeitgeist" (der zu dieser Zeit noch gar nicht eingebohrt war) heißen sollen. Allein ein Missgeschick beim Einbohren brachte die Namensänderung mit sich. Hias Leitner gingen die nämlich die Laschen aus. Der erste Haken steckte saumäßig hoch oben und der Tag war noch jung. Jetzt nach Hause gehen? Oder doch einen gebrochenen Haxen riskieren? Thomas Hrovat hatte die zündende Idee als ihm die Hundeleine von Hias` vierbeinigem Begleiter ins Auge sprang. Kurzerhand wurde der erste Haken damit verlängert und die Tour erhielt noch vor der Dämmerung seine Erstbegehung. Und auch seinen Namen.

Woher der Name „Voie Verdon" kommt wird jedem schlagartig klar, wenn er zum ersten Mal am Abseilstand, oben am Pfeilerkopf, steht und in die Tiefe blickt. Man hat echt das Gefühl geradewegs in den Kamin der Jausenstation Grassauer zu schauen. Die saugende Tiefe erinnert mehr als alles andere im Grazer Bergland an die französische Verdonschlucht.

„Styrian Reality" stammt vom amerikanischen „Separate Reality" ab. Ebenfalls ein Buch von Carlos Castaneda und beides horizontale Dächer. Auch bei der Route „Im Zeichen der Kraft" hatte der amerikanische Anthropologe seine Gedanken im Spiel.

„Graf Humphrey von Ubijubi" war der Kater von Thomas Hrovat und die danebenliegende Route „Hrdlitschka" am Kugelstein erinnert mit ihrem Namen an den berühmten Wiener Bildhauer. Woher der Name "Insekt Infekt" kommt, weiß schlagartig jeder, der im Hochsommer die Kugelsteinbasis besucht.

„Magic Mushrooms" in der Fischerwand hat ihren Namen zum Teil vom berühmten El Cap Bigwall und zum Teil von den Mushrooms deren Genuss die damalige steirische Sportkletterelite nicht wirklich abgeneigt war.

„Gräfin Mariza" und „Zigeunerbaron" sind natürlich aufgelegt. Wobei das Zigeunerloch selbst schon seit Jahrhunderten seinen Namen hat.

Die Routennamen „Sandlerkönig", „Aus dem Leben eines Taugenichts" oder „Tagträumer" stammen von Robert Kerneza. Von außen betrachtet passte das alles ziemlich genau zu Roberts damaligem Lebensstil. Mittlerweile wissen wir aber alle, mit welch unglaublicher Energie und Kreativität er in diesen Jahren das steirische Sportklettern vorangetrieben hat und dass diese Jahre geprägt waren von herausragenden Leistungen.

„Train and Terror" ist ein Seitenhieb auf „Trial and Error" und erinnert an Ungewissheit die Robert und Christoph bei ihren Versuchen umgab. Wird die Kante überhaupt kletterbar sein oder bleibt es doch so wie es aussieht? Nämlich unmöglich?

Bei „Bigtime" kann ich Robert´s Affinität zu Tom Waits noch nachvollziehen. Bei „Phallus Dei" und „Vagina Diaboli" sind mir die Hintergründe der Namensgebung völlig unbekannt.

„Inri" erhielt seinen Namen durch eine spezielle Körperposition in der Schlüsselstelle und bei „Small Change" wollte Much Matlschwaiger wohl zum Ausdruck bringen, dass eine junge Sportklettergeneration im Grazer Bergland dabei war, die Pioniere der Anfangszeit abzulösen. Oder er machte auch Namensmäßig dort weiter wo Robert aufgehört hatte.Nämlich bei Tom Waits Songtiteln. 

"Petaurus Breviceps" hat seinen Namen von der Rastposition vor der Schlüsselstelle, bei der man, aufgehängt wie eine Fledermaus noch einmal seine Arme ausschütteln kann.

„Mikado" am Ratengrat hat seinen Namen nicht etwa vom bekannten Stäbchenspiel sondern von den Wohnorten der Erstbegeher. Mixnitz-Kapfenberg-Doerflach.

Die „Darmstraße" hat ihren Namen bekommen, als ein Bauer einen Sack voller Schlachtabfälle entsorgte indem er ihn kurzerhand die Wand hinunterwarf. Dass Franz Horich und Gefährten zur gleichen Zeit unter ihm eine Tour putzten, wusste er nicht. Der Sack zerplatzte wenige Meter über ihren Köpfen und verspritzte seine stinkende, schleimige Masse über die armen Kletterer.

Ja und dann gibt es noch den Boulder „Jobstraibitzer – so hast kana" am Dumpfbackenblick. Leider bin ich nicht der Erstbegeher, sondern ich habe nur durch einen Schwank aus meinem Leben zur Namensgebung beigetragen. Aber das ist eine andere Geschichte… 

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Kommentare 2

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Harry Hofer

am Samstag, 02. Dezember 2017 20:43

Die Namensgebung von Kletterrouten hab ich immer Interessant und Witzig empfunden. Leider haben sich bei uns Routennamen mit Politisch zweifelhaften Inhalten eingeschlichen?

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Die Namensgebung von Kletterrouten hab ich immer Interessant und Witzig empfunden. Leider haben sich bei uns Routennamen mit Politisch zweifelhaften Inhalten eingeschlichen?

Stefan Gruber

am Mittwoch, 06. Dezember 2017 17:38

Wer noch mehr Hintergründe über Routennamen im GBL erfahren will, dem sei das Buch "Kostbarkeiten im Grazer Bergland: Pernegg, Mixnitz, Bärenschützklamm" von Astrid Wentner empfohlen. Ich bin mir aber sicher, dass Horst hier noch einige Schätze ausgraben wird. Großen Dank von mir dafür!

Ein kleiner Auszug zum „Land des Lächelns“ am SO Sporn [1]:
Der Name entstand aus der schwierigkeitsmäßigen Fehleinschätzung der Führe während der Erstbegehung. Manfred Poleschinski glaubte, eine Kletterführe mit den Schwierigkeiten der „Waschrumpel“ zu eröffnen. Nach ersten Wiederholungen war klar, dass es sicher hier wohl eher um das „Land des Hechelns“ handelte. Leider wurde dem Namensvorschlag von Gerhard Grabner nicht entsprochen.

[1] https://climbing.plus/climbing/pois/multipitches/1175-land-des-laechelns

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Wer noch mehr Hintergründe über Routennamen im GBL erfahren will, dem sei das Buch "Kostbarkeiten im Grazer Bergland: Pernegg, Mixnitz, Bärenschützklamm" von Astrid Wentner empfohlen. Ich bin mir aber sicher, dass Horst hier noch einige Schätze ausgraben wird. Großen Dank von mir dafür! Ein kleiner Auszug zum „[i]Land des Lächelns[/i]“ am SO Sporn [1]: Der Name entstand aus der schwierigkeitsmäßigen Fehleinschätzung der Führe während der Erstbegehung. Manfred Poleschinski glaubte, eine Kletterführe mit den Schwierigkeiten der „Waschrumpel“ zu eröffnen. Nach ersten Wiederholungen war klar, dass es sicher hier wohl eher um das „[i]Land des Hechelns[/i]“ handelte. Leider wurde dem Namensvorschlag von Gerhard Grabner nicht entsprochen. [1] https://climbing.plus/climbing/pois/multipitches/1175-land-des-laechelns