„Sestogrado” (im Grazer Bergland)
„Und? Klettert ihr auch draußen? Am Fels?".
Das junge Pärchen, mit dem ich soeben im Bloc House ins Gespräch gekommen bin, bejaht.
„Wir sind im letzten Sommer schon drei Routen im Grazer Bergland geklettert. Und für 2018 haben wir uns vorgenommen noch viel mehr davon zu klettern. Vielleicht geht sogar ein Sechser."
Ich bin überrascht. Bei dem, was ich hier beim Bouldern von den Beiden gesehen habe, müssten sie Achterrouten zum Ziel haben. Ein Sechser kann doch kein Auftrag sein.
Während des Gesprächs aber dämmert mir allmählich, dass ich die ganze Angelegenheit aus einem falschen Blickwinkel betrachte. Als ich selbst zum ersten Mal in einen Sechser eingestiegen bin, hatte ich schon eine ganze Menge von Dreier-, Vierer- und Fünfertouren hinter mir. Allesamt hatten diese Touren eines gemeinsam. Sie waren gefährlich. Runterfliegen war verboten. Vieles spielte sich im grasigen, ungesicherten Gelände ab und mit der Zeit lernte ich mich in diesem Terrain sicher und routiniert zu bewegen. Bei meinem ersten Sechser stellte sich dann nur mehr die Frage, ob ich den klettertechnischen Schwierigkeiten der Schlüsselpassage gewachsen war. Alles andere hatte ich im Griff.
Bei meinen neuen Freunden verhält sich die Sache aber genau umgekehrt. Eine gutgesicherte Sechserstelle zu klettern ist für sie kein Thema. Das machen die beiden mit links. Aber die leichteren Seillängen davor und danach? Wo man sich nicht ganz sicher ist wo es hochgeht? Wo Wegfindung gefragt ist und wo man zweimal hinschauen muss woran man sich festhält, weil nicht alles bombenfest ist? Einen grasigen Zweier oder Dreier, wie es immer wieder mal in den Ausstiegslängen vorkommt, wie auf rohen Eiern hinaufzusiedeln und dabei keine Zwischensicherungen zu haben ist ohne Erfahrung in solchem Gelände alles andere als angenehm.
Ich versorge die beiden mit Tipps. Stelle ihnen Sechserrouten im Grazer Bergland vor, die ich ihnen ruhigen Gewissens empfehlen kann.
Hier die Top Ten meiner persönlichen Sestogrados im Grazer Bergland:
Route | Schwierigkeit | Bereich | SL | Ernsthaftigkeit * |
Serengeti | 6 | Rote Wand | 8 | E1 |
Erdgeisterweg | 6 | Rote Wand | 8 | E2 |
Weg der schönen Männer | 6 | Rote Wand | 8 | E2 |
Eldorado | 6+ | Breite Wand | 9 | E1 |
Goldader | 7- | Breite Wand | 8 | E1+ |
Wunderwelt | 6+ | Röthelstein | 6 | E2 |
Windmühlen? Zum Angriff! | 6+ | Burgstall | 4 | E1 |
Ostkante | 6+ | Burgstall | 3 | E1+ |
UFO | 6+ | SO-Sporn | 9 | E1+ |
Südpfeiler | 6+ | Ratengrat | 4 | E1+ |
Grottenweg | 6+ | Brunntal | 10 | E2+ |
* Hier findest du die Begriffserklärung über die Ernsthaftigkeitsbewertung im Grazer Bergland!
Kommentare 6
Ansahias
am Sonntag, 07. Januar 2018 21:48
Das Eldorado ist zwar an der Breiten Wand und das UFO am SO-Sporn (wie auch der Michelangelo)...
... aber das sind wirklich sehr schöne Routen (soferne sie nicht schon wieder so verwachsen sind wie z. B. der Erdgeisterweg...)
Michael Gattol
am Sonntag, 07. Januar 2018 22:01
Hallo Matthias!
Vielen Lieben Dank für deine Korrektur
Wir ändern das gleich - in der Mehrseillängen-Datenbank passt es soweit
LG
Michael
Stefan Gruber
am Mittwoch, 10. Januar 2018 14:11
6 hat ja allgemein etwas Anziehendes und das nicht nur auf Kletterer ;-). Wer davon nicht genug bekommen kann, dem sei der GB6 empfohlen: 6 Routen im 6ten Schwierigkeitsgrat, an 6 verschiedenen Wänden mit mindestens 6 Seillängen. Das Ganze findet natürlich im Grazer Bergland statt und sollte in einem Tag für konditionsstarke Kletterer machbar sein.
Meines Wissens wurde das Ganze zwei Mal wiederholt und dabei einmal erfolgreich absolviert. Hier die Routenliste (die sich natürlich nach Belieben anpassen lässt, solange die 6er Kriterien erfüllt bleiben):
• Amtsschimmel (Ratengrat)
• Eldorado (Breite Wand)
• Wunderwelt (Röthelstein)
• Michelangelo (SO Sporn)
• Thymianpfeiler (Rote Wand)
• Sanduhrenparadies (Brunntal)
Einen Blog-Beitrag (leider nicht auf foxality) gibt es dazu auch: http://gansinger.net/gb6
Stefan Edlinger
am Mittwoch, 10. Januar 2018 14:43
das klingt nach einer richtig geilen Challenge (zwar nicht für mich als Boulderer), aber ich bin gespannt, ob es Nachahmer findet!
nixtuer
am Donnerstag, 24. Januar 2019 08:50
ja, Horst da hast Du sicher recht! der grossteil der leichten routen ist weit gefährlicher und deutlich weiter abgesichert als die schweren touren. beim klettern ausserhalb von halle oder klettergarten kommt dann eben zum technischen anspruch noch eine ganze menge anderer faktoren dazu. aber wenn man sich gemütlich rantastet, so wie das offensichtlich dieses junge pärchen tut, dann ist man eh am richtigen weg. ich wünsche viel spass und erfolg!
einige Deiner top10 würde ich nicht unbedingt als ersten 6er kraxln wolln ;-) da sind schon echt knackige stellen dabei, aber gut a 6er is halt nimmer wandern!
Harry Hofer
am Sonntag, 23. Mai 2021 09:34
Guter Beitrag, lieber Horst.
6er Routen sind immer noch ziemlich schwer, und werden mit zunehmenden Alter immer schwerer ?. Oder ich schwächer!