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4 Minuten Lesezeit (831 Wörter)

Small Island

Mein bis dato schwerstes Boulderproblem. Ich habe diesen Block vor 2 Jahren auf unserem hofeigenen Waldgrundstück gefunden. Ich war damals ziemlich überrascht so ein markantes, stark überhängendes und mit "soliden" Griffen ausgestattetes Dach bei mir zu Hause vor zu finden, vor allem da Pusterwald nicht wirklich fürs bouldern, sondern primär für wunderschöne Skitouren bekannt ist. Meine ersten Gedanken als ich den Block also sah waren: "Wie geil is des bitte!" und gleich nach näherer Betrachtung: "Ok des geht net, des schoff i nie". Ich beschloss also das Projekt auf Eis zu legen, bevor es eigentlich richtig begonnen hatte.

Es folgte ein Jahr mit einigen anderen heimatlichen Erstbegehungen, der überhängende Dachboulder lies mich aber nicht mehr los. Immer wieder schwirrte mir das Ding in meinen Gedanken umher und als ich vor 8 Monaten ein weiteres etwas schwereres Projekt durchsteigen konnte und ich nicht wusste was als nächstes kommen soll, nahm ich all meinen Mut zusammen, schulterte mein Chrashpad und machte mich auf den (relativ kurzen) weg zum Dachl. Nach kurzer Inspektion wurden die paar greifbaren Griffe und steigbaren Strukturen mit Tickmarks versehen, das Chrashpad platziert und der erste, der Flashversuch gestartet. Im Nachhinein war das wahrscheinlich der kürzeste Versuch meines Lebens, bestehend aus abheben, 1,5 Sekunden langer "Schwebephase" und deprimierender Landung auf meinen vier Buchstaben. Diese eindrückliche Erfahrung machte mir recht schnell klar, dass ich das Problem wahrscheinlich doch nicht gleich in der ersten Session klettern würde. Die Situation am Ende der ersten, 2 Stunden dauernden Session war dann aber doch etwas deprimierender als erhofft, denn außer der Startposition und dem ersten Zug zu einer guten Leiste für die rechte Hand habe ich nichts zustande gebracht. 2 Stunden, ein Zug und i woa fertig.

Mit gemischten Gefühlen verließ ich das Schlachtfeld. Zum einen war ich dankbar eine derart schwere Herausforderung bei mir im Wald gefunden zu haben, zum anderen schlich sich jedoch auch die alte Stimme der Vernunft, die mir weis machen wollte, dass das Ding für mich nicht machbar ist, in meine Gedanken.

Ich wollte dennoch nicht aufgeben und besuchte den Boulder zwei weitere Male, mit ähnlichem Erfolg. Bei meiner vierten Session unterstützte mich einer meiner Freunde, der Riedl Daniel und zum ersten Mal hatte ich ein Erfolgserlebnis: Ich hatte eine Fußbeta gefunden, die den zweiten Zug möglich machte. Zwei Versuche später brach dann leider die gute Leiste aus, welche beim ersten Zug gegriffen werden muss. Zurück blieb nur ein etwas hinterschnittener, kläglicher 8mm starker Dreck von einer Leiste, die zwar für mich durchaus greifbar war, die ganze Geschichte aber um einiges schwerer machte.

Das war ein ganz schöner Dämpfer, aber mein Feuer war geweckt: Jetzt wollte ich das Teil durchsteigen, koste es, was es wolle. Ich nutzte die Zeit, die ich aus Studienzwecken in Wien verbrachte, um einen Trainingsplan zu kreieren, welcher mir schlussendlich den Durchstieg am Boulder bringen sollte. Drei Monate lang verbrachte ich meine Zeit jeden Dienstagabend damit, in der Kletterhalle Wien meine Schwächen, allen voran meine klägliche Körperspannung, zu verbessern. Meine Wiener Freunde, ganz besonders Michi, unterstützten mich tatkräftig dabei.

Schon nach kurzer Zeit machte ich Fortschritte am Block, realisierte aber gleichzeitig immer mehr, dass der Durchstieg noch sehr weit weg sein wird. Zudem fehlte mir noch eine Lösung für den mittleren Part der Linie und die 3,5 Meter hohe Ausstiegsplatte war auch noch nicht geputzt. Zumindest für ersteres Problem hatte ich nach einer Session mit meinem geschätzten Freund Klemens Horn eine Lösung gefunden. Ich wusste endlich was zu tun war: Start mit einem Aufleger für die rechte Hand, die linke Hand am Untergriff, rechter Fuß im Toehook, linker Fuß an einer Trittleiste; abheben, linken Fuß lösen und einen Heelhook setzen, linker Fuß zieht an, linke Hand geht auf die Leiste und knallt diese voll her; den ganzen Körper anspannen und den rechten Fuß an die Kante setzen; Körperspannung, Konzentration und blind mit rechts auf die Leiste an der Kante schnappen und zuabeißn; Körperspannung, linken Fuß lösen und hoch an die Kante steigen; rechten Fuß höher als Heelhook setzen, Konzentration und mit links den guten Griff an die Kante springen; Schwung halten, möglichst schreien wie Adam Ondra, mit rechtem Heelhook stabilisieren, der Rest ist Formsache.

Soweit die Theorie, bis zur Umsetzung hat es aber bis zu jenem Tag gedauert, an dem ich beschlossen hatte den Ausstieg am Seil zu putzen und bei der Gelegenheit auch kurz zu probieren. Eigentlich sollte es beim Putzen bleiben, da ich keine Versuche der unteren Sequenzen geplant hatte. Ich dachte mir dann aber: "Wanst scho do bist probierst mindestens amoi", und merkte relativ schnell, dass an dem Tag etwas anders war. Irgendeine Kraft saugte mich förmlich an die Wand, also versuchte ich es weiter. Beim vierten Go wars dann so weit: irgendwie stand ich oben auf dem Stückchen Fels, das für mich in dem Moment das Zentrum der Welt war. Erst überglücklich, dann etwas ratlos. Mein Hauptgedanke war: "Cool, aba wos moch i jetzt? Wos kummt ois nächstes?"

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Kommentare 2

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Johannes Mayer

am Montag, 09. März 2020 21:21

Cool, dass du den Block einfach so im eigenen „Garten“ gefunden hast.
Nachdem du ihn jetzt geschafft hast bietet es sich doch an mal zu schauen, ob da vielleicht noch so einer rumliegt
?

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Cool, dass du den Block einfach so im eigenen „Garten“ gefunden hast. Nachdem du ihn jetzt geschafft hast bietet es sich doch an mal zu schauen, ob da vielleicht noch so einer rumliegt ?

Stefan Kogler

am Dienstag, 10. März 2020 07:08

Keine sorge es gibt da einiges aber der war sicher einer der besten Blöcke dort

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Keine sorge es gibt da einiges aber der war sicher einer der besten Blöcke dort ;)