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4 Minuten Lesezeit (731 Wörter)

Sommerpause

Sommerpause

Mit einer rauschenden Party verabschiedete sich das Bloc House Team letzten Freitag in die Sommerpause. Schade eigentlich. Ich hab ja noch eine Vielzahl von Projekten offen, die nun abgeschraubt werden und sich auf Nimmerwiedersehen vertschüssen. Bei einigen Problemen bin ich ja ganz froh, dass ich mich nie mehr mit ihnen duellieren werde müssen. Die lagen mir sowas von gar nicht. Viele aber waren echt klasse geschraubt und ich war mehr oder weniger dicht dran sie wegzuhauen, um mich im Jargon meiner jugendlichen Mitstreiter auszudrücken. Nach einer ersten, kurzen Pause werden dann all die bunten Griffe und Tritte von Stoffl und seinen Mitstreitern abgeschraubt, mit dem Dampfstrahler bearbeitet und in die Sommersonne zum Trocknen gelegt.

Danach haben auch sie Urlaub. Den verbringen sie in Kisten verpackt mit Gleichgesinnten um kurz vor Anfang August wieder hervorgeholt zu werden. Andi, Bernd, Jakob und all die anderen werden neuerlich ihre Kreativität zum Besten geben und am 1. August, Punkt 16 Uhr werde ich wieder vor der Halle stehen. Braungebrannt, motiviert und in Topform. Naja braungebrannt und motiviert bestimmt. Über Topform lässt sich sicher diskutieren.

Jedenfalls – für mich gibt es keine Sommerpause. Ich möchte die Sommerhitze erstmal an schattigen Felsen genießen und anschließend im bloc House wieder so richtig loslegen. Zuerst einmal alle neuen Übungen. Eine nach der anderen herflashen und danach geht's den Aufgaben an den Kragen. Ich krieg richtig schwitzige Hände wenn ich nur daran denke.

Aber – was und wie soll ich dafür trainieren? Wo habe ich Defizite? Was hat mir die Durchstiege in den letzten Monaten vereitelt?

Ich bin ja Techniker und dementsprechend analytisch versuche ich der Sache auf den Grund zu gehen. Das Ergebnis verblüfft sogar mich einigermaßen. Immer wieder bin ich an Koordinationsproblemen abgestunken. An Gleichgewichtsstellen und irgendwelchen Aufstehern bei denen man umfällt wie ein Bahnschranken. Jetzt versteh ich auch Jakob Schubert, der sich kürzlich anjammerte, dass die Boulder in den Weltcups nur mehr irgendwelche wahnwitzigen Verrenkungen abfragen. Mit Klettern im herkömmlichen Sinn hat das alles herzlich wenig zu tun. Ansatzweise hab ich diesen Trend ja auch im bloc house gespürt. Da gab es Aufgaben und sogar Übungen die ich einfach nicht hinkriegte weil ich den Haxen nicht hochbekam oder ich mich einfach nicht so zusammenfalten konnte, dass ich eine Hand zum Weitergreifen frei bekam. Ganz zu schweigen von Doppeldynamos. Alter Schwede da tue ich mir vielleicht schwer. Aber es macht soooooo massiven Spaß.

Dabei vergesse ich völlig, dass ein Mitglied der Ü50 Gang bin. Es gibt ja nur einige wenige Dynosaurier die sich hier immer wieder einfinden aber ich muss sagen, die Mädels und Jungs in dieser Altersklasse sind noch richtig stark. Da habe ich alle Mühe um einigermaßen mithalten zu können.

Aber auch der Smalltalk mit ihnen hat Klasse. Wie die gesellschaftliche Komponente in dieser chilligen Location überhaupt etwas ganz Feines ist. Ich bin sogar schon einmal nur zum Tratschen hingefahren. Man erfährt innerhalb weniger Minuten alles was man wissen will. Wie die Verhältnisse in der hinteren Arena sind zum Beispiel oder ob der biologische Abbau des Kuhmists am Dumpfbackenblick soweit fortgeschritten ist, dass man dort wieder bouldern kann.

Ich war ja bereits vor dem Festl, um die Mittagszeit, zum Bouldern dort. Einigen meiner Projekte wollte ich noch einmal konzentriert zu Leibe rücken bevor sie Geschichte sind und schon im Eingangsbereich traf ich auf einen der ganz jungen Guns, der mich strahlend begrüßte.

„Mach ma was zusammen?"

Na klar ich bin dabei. Insgeheim freute ich mich unglaublich. Von den jungen, um Galaxien stärkeren, Kletterern so aufgenommen zu werden ist für mich schon etwas ganz Besonderes. Wenig später waren wir schon eine ganze Gruppe die sich gemeinsam anfeuerte, sich untereinander austauschte und es war echt eine Freude zu sehen wie diese Dynamik zu Erfolgen führte. Auch mir gelang, völlig unerwartet, eine Aufgabe. Allein hätte ich bestimmt nicht so gefightet. Aber mit den Anfeuerungen im Ohr kitzelte ich am letzten Zacken den Topgriff gerade noch so her. Drei Sekunden mit beiden Händen halten und ich ließ mich auf die Matte plumpsen.

„Cool Mann"

Die Jungs und Mädels freuten sich ehrlich mit mir, streckten mir die Faust zur Gratulation entgegen. Ich klatschte ab. Alter ist doch etwas Relatives.

„Sag mal" fragte mich der Junge, den ich im Eingangsbereich getroffen habe „wie viele Jahre kletterst du schon?"

Ich dachte kurz nach.

„Das Einundvierzigste"

„Nicht dein Alter. Wie lange du schon kletterst?"

„Das Einundvierzigste Jahr. Ich klettere seit einundvierzig Jahren"

„Oh" sagte er. Ich hätte dich jünger eingeschätzt.

Ich gestehe. Es lief runter wie süßer Honig… 

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