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4 Minuten Lesezeit (831 Wörter)

Toppas Climbing im KI

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Ein strahlender Septembertag mit azurblauem Himmel und herbstlichen Temperaturen bricht in Tirol an. Hoch oberhalb von Innsbruck erstrahlt bereits die Nordkette im gleißenden Sonnenlicht, während ich mich in die Schlange der Wartenden vor den Toren des Kletterzentrums KI einreihe. 

Es ist kurz vor 9 Uhr. Ein japanisches Kamerateam umschwirrt Jessi Pilz, die lässig auf einem der Sessel im Gastgarten der Cafeteria Platz genommen hat. Um mich herum ein Sprachengewirr von verschiedensten Nationen. Kletterer aller Altersklassen unterhalten sich lachend und bestens gelaunt. Ich entdecke ein paar bekannte Gesichter.

Wenn ich schon mal beruflich in der Nähe von Innsbruck zu tun habe, lasse ich mir einen Besuch dieser gewaltigen Kletteranlage auf gar keinen Fall entgehen. Das takte ich mir terminlich schon so ein. Und falls es doch nicht zum Klettern reicht, dann wenigstens auf ein paar Getränke mit lieben Freunden im dazugehörigen Bistro. 

Heute morgen aber bin ich allein. Und ich habe einen Plan. Zum ersten Mal in meinem Leben möchte ich einen Kletterversuch mit den Sicherungsmaschinen, den Toppas, wagen. Verschiedentlich habe ich sie ja schon in anderen Hallen gesehen. Geheuer waren sie mir nie und ich habe immer einen weiten Bogen um sie herum gemacht. Jetzt aber soll es sein. 

Ich bezahle, begebe mich in die Umkleide in den Katakomben und schlapfe alsbald, mit Rucksack und in Flipflops, nach oben. Vorbei am Boulderbereich, den ich bereits bei vorherigen Besuchen kennengelernt habe, bis ich endlich, in der oberen Vorstiegsetage, das Objekt meiner Begierde entdecke. Die Toppas!

Außer mir ist nur ein Pärchen hier heroben und nachdem ich das Stahlseil mit dem Karabiner misstrauisch beäugt habe, fasse ich mir ein Herz und spreche die Beiden an.

"Sagt mal, seid ihr mit diesen Dingern schon mal geklettert?"

"Ja klar!" kommt die Antwort "s`ìsch des Beschte!"

Der Kletterer dürfte in meinem Alter sein und erklärt mir sehr freundlich, penibelst genau, den Umgang mit dem Sicherungsgerät. 

Zu meinem Glück! Das unscheinbare Knöpfchen zum Entriegeln des Schraubverschlusses am Sicherungskarabiner hätte ich wohl nicht gleich von Beginn an entdeckt. Das wäre wohl ganz schön blamabel gewesen wenn ich hier schon gescheitert wäre.

"Niemals das Seil auslassen" gibt er mir noch mit auf den Weg. Und von seiner Partnerin kommt noch der Rat, ich solle mich beim ersten Mal nach ein paar Metern hineinsetzen. Einfach, um kennenzulernen, wie das so tut.

Alles klar. Ich entscheide mich für eine Aufwärmroute, klinke mich ins Seil und mache die ersten Züge. 

Wie von Geisterhand wird das Stahlseil eingezogen. 

Nach ein paar Metern halte ich inne und versuche mich in den Gurt zu setzen. Viel zu zaghaft. Das Seil gibt nach. 

Oh oh. Gar nicht gut. Und jetzt?

"Du musst springen!" kommt der Rat meines neuen Bekannten von unten. "Des hebt scho!"

Also Augen zu und durch. 

Ich springe.

Das Seil hält und sofort geht die Talfahrt mit moderater Geschwindigkeit los.

Viel zu rasch ist der Boden da und ich rolle mich mit fragwürdiger Eleganz am Boden ab.

Aber immerhin hat`s gehalten und alles hat so funktioniert wie es sollte.

Der nächste Start bringt mich zum Topgriff. Ich springe. Werde abgeseilt und lande mit einem Telemark der mindestens 19,5 Punkte eingebracht hätte, am Boden.

Cool! 

Das fühlt sich ja weitaus besser an als befürchtet.

Die nächste Route ist schon deutlich schwieriger. Viel weniger als erwartet beschäftigen sich meine Gedanken mit dieser, für mich neuen, Sicherungsmethode und ich kann die Bewegungen so richtig genießen. Zudem ist die Tour super geschraubt. Elegant, sehr felsähnlich, mit vielen Trittmöglichkeiten und sehr homogen was die Schwierigkeit betrifft. Es macht total Spaß und nach einer weiteren Route suche ich die Toppas im hohen Wandbereich.

Das Unbehagen, das mich immer wieder befallen hat, wenn ich allein,draußen am Fels, mit der Steigklemme als Sicherungsgerät geklettert bin, fehlt hier völlig. Ich fühle mich total save und entschließe mich, bei der nächsten Tour an meine Grenzen zu gehen.

Nach längerem Suchen finde ich mein Ziel. 

Leicht überhängend zieht es gut zwanzig Meter nach oben und es dürfte Klasse geschraubt sein. Sehr technisch sieht es von unten aus, homogen. Eine Steigerei, die mir liegen sollte. Und im oberen Bereich gibt es bestimmt genügend Schüttelpunkte an denen ich mich sanieren könnte. 

Alles geht so auf, wie ich es mir erhoffte und ich fighte mich nach oben. Keine Gedanken an das Sicherungsgerät. Keinerlei Un= sicherheit oder sogar Angst. Nur pures klettern am letzten Zacken.

Mit allerletzter Kraft erreiche ich den vorletzten Griff. Weit ober mir ist das Top. Ich springe beherzt und kann den Topgriff doch tatsächlich halten.

Yesss!

Gleichzeitig beginnt die Talfahrt. 

Wowww! Ist das geil !

In weniger als einer Stunde habe ich fünf Routen geklettert und nun bin ich voll ausgelaugt aber zufrieden. Mein Experiment ist vollauf gelungen und ich werde das in Zukunft bestimmt öfter machen. Wenn man wenig Zeit und keinen Partner hat, ist es doch tatsächlich das "Beschte" um doch zum Seilklettern zu kommen.

Die Halle hat sich inzwischen gefüllt. Alle Toppas sind besetzt und vor mir liegen immerhin noch 470 km Autofahrt nach Hause.

Zeit, zusammenzupacken und mich zu verabschieden. Von meinen neuen Bekannten, vom KI, von Innsbruck und Tirol.

Bald werde ich wiederkommen um hier mit meinen Freunden zu klettern, zu quatschen und mit ihnen in der Cafeteria bis zur Sperrstunde zusammenzusitzen und a Gaudi zu haben.

"KI isch doch wirklich des Beschte!"

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Kommentare 1

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Bernhard Lechner

am Samstag, 21. September 2019 18:14

Du bist aber ein Draufgänger! Ich bin die Wand in der CAC dreimal runtergeklettert, bis ich mich dann 3 Meter überm Boden getraut habe. Und dann habe ich mich per Sturzversuch systematisch bis zur Umlenkung hochgearbeitet. Jetzt geht's aber.

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Du bist aber ein Draufgänger! Ich bin die Wand in der CAC dreimal runtergeklettert, bis ich mich dann 3 Meter überm Boden getraut habe. Und dann habe ich mich per Sturzversuch systematisch bis zur Umlenkung hochgearbeitet. Jetzt geht's aber.