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4 Minuten Lesezeit (767 Wörter)

Vom Usi-Bouldertunnel zur Dachlkante. Teil 4/4: Die Dachlkante...

d_18 Im Seitelbergerausstieg in der Dachl Nordwand.

Die „Dachlkante" (2018) : Mit 650-700m Wandhöhe (inkl. Vorbau) nicht allzu kurz und größtenteils nur mit Normalhaken oder gar nicht abgesichert - abgesehen von den sechs alten, rostigen Bohrhaken einer ehemaligen Abseilpiste, von der dringend abgeraten wird, und den wenigen Klebehaken im Seitelberger-Ausstieg. Nach dem Vorbau waren die ersten dreieinhalb Seillängen nicht ohne: steil, in teils brüchigem Fels, im unteren sechsten Grad und als Absicherung alte Rostgurken. Die beiden Friends, die ich in der zweiten Seillänge untergebracht habe, waren wohltuend - gut war wahrscheinlich auch das Körperspannungstraining! ;-) Ab der halben dritten Seillänge wurde der Fels dann bombenfest und die waschelnasse, zwingende Schlüsselstelle (VI) war nur mehr halb so wild. Am großen Absatz nach dem unteren Teil - der "Dachl-Westverschneidung" (Kasparek und Schinko, 1933) - war das Schwierigste für uns schon geschafft und der nichtabgesicherte Teil der eigentlichen "Dachlkante" unproblematisch. Nach dem schönen Seitelberger-Ausstieg mit genialer Piazschuppe erreichten wir nach insgesamt 10 Stunden den Ausstieg. Der selbst zu findende Weg am Vorbau, die heiklen Seillängen im unteren Teil und die selbst auf- und abzubauenden Standplätze kosten einfach Zeit - außerdem rasteten und jausneten wir am großen Absatz in Ruhe und Gemütlichkeit. Für mich ist es genial die "Dachlkante" geklettert zu sein. Am Vorabend hatten wir noch Zweifel und überlegten uns schon Ausweichziele, denn von der Haindlkarhütte schaut der untere Teil ordentlich steil aus - aus der Nähe wird es etwas besser. Außerdem war dies für mich auch ein großer Schritt im Kopf - weg von den Bohrhaken hin zu (alten) Normalhaken und komplett selbst absichern - und das in einer knapp 700m hohen Wand mit Schwierigkeiten bis zum sechsten Grad. Damit öffnete sich abermals eine Tür wie damals nach dem "Steinerweg" denn nun weiß ich: "ich kann auch das"...


Das Abenteuer „Klettern": Für mich geht's beim Klettern und Bergsteigen auch um das Abenteuer. Um Roald Amundsen zu paraphrasieren: "Das Abenteuer beginnt wo es aufhört planmäßig zu laufen" und ich würde meinen, wenn man seine eigenen Grenzen versucht zu verschieben, läuft es zwangsläufig auf ein Abenteuer hinaus, denn wie soll man etwas planen, das das übersteigt was man bisher gemacht hat und kennt. In der Regel wird man dann vor neue Situationen gestellt und die passen nicht immer in den Plan.


Für mich persönlich habe ich beschlossen - auch aus der Erfahrung - nicht an allzu vielen Schrauben gleichzeitig zu drehen. Z.B.: muss man aus dem Klettergarten kommend ja nicht gleich in eine 500m Wand mit schlechter Absicherung, hohen Schwierigkeiten und unsicherem Wetter einsteigen. Es reicht wahrscheinlich auch schon, wenn nur eines eintritt. Wird trotzdem eine Geschichte und die Tour gelingt eher. Manchmal ist die Zeit auch einfach noch nicht reif für eine Unternehmung - trotz der Klimaerwärmung und damit einhergehender Felsstürze, ist es zu erwarten, dass die Tour auch in einem Jahr noch steht. Und dann kommt man hoffentlich stärker, erfahrener und sicherer zurück. Denn wie meinte Paul Preuß? "Bergtouren, die man unternimmt, soll man nicht gewachsen, sondern überlegen sein."

Weiters gefällt es mir in unbekannte Gewässer aufzubrechen; um zu entdecken und die Herausforderungen, die man gestellt bekommt, zu meistern. Dies gilt fürs Sportklettern - im Sinne von Ausbouldern neuer Routen oder Onsight klettern - sowie für die großen Wände, in denen noch Routenfindung, selbst absichern, etc. hinzukommen, und gipfelt (zumindest für mich vorerst) in Erstbegehungen in solchen Wänden, bei denen man seinen eigenen Weg sucht und keine Schwierigkeiten kennt. Und das schöne ist, wenn das eine oder andere Fragezeichen vor der Tour bleibt: wie wird es dort oben sein? Wird es schwer? Wie ist die Absicherung? Wie wird es mir gehen? Bin ich dem gewachsen? - Als Johannes und ich ins Gesäuse fuhren um die Dachlkante zu gehen, da hat es für uns einige Fragezeichen gegeben und ich war mir nicht sicher, ob es nicht mindestens eines zu viel ist. Aber so ist das, wenn man einen großen Schritt (im Geiste) machen möchte und gesunder Respekt ist sehr wichtig in den Bergen, denn Hochmut kommt vor dem Fall.


Ob die Tour geschafft ist oder nicht. Anschließend kann man sich fragen: wie ist es mir da oben ergangen? Und die Antwort darauf erlaubt mir bei der nächsten Tour etwas Anspruchsvolleres zu machen oder nicht. Motiviert wie ich bin - mir reicht es nur ein paar schöne Bergbilder oder ein Topo anzuschauen und ich will schon hin - möchte ich diesen eingeschlagenen Weg so lange weitergehen wie es geht. "Stück für Stück eins draufpacken". Mal schauen wo dieser mich noch hinführt. Die nächsten Pläne sind geschmiedet und es wird nicht minder interessant. Denn jede Tour ist die Vorbereitung auf die nächste und es gibt auch Träume, für die die Zeit noch nicht reif ist...

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Kommentare 1

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Ansahias

am Freitag, 03. August 2018 09:14

Hallo Mario!
Danke für Deine informativen Blogbeiträge. Ich verfolge Deine Entwicklung als Kletterer ja schon eine ganze Weile mit Interesse und wirklicher Freude. Und mit Deinen Xeis-Aktionen bist Du in die Königsklasse aufgestiegen. Weiter so! Viel Spannung, Spaß und immer wieder gesund nach Hause kommen!
LG
Matthias

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Hallo Mario! Danke für Deine informativen Blogbeiträge. Ich verfolge Deine Entwicklung als Kletterer ja schon eine ganze Weile mit Interesse und wirklicher Freude. Und mit Deinen Xeis-Aktionen bist Du in die Königsklasse aufgestiegen. Weiter so! Viel Spannung, Spaß und immer wieder gesund nach Hause kommen! LG Matthias