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7 Minuten Lesezeit (1432 Wörter)

Vom Usi-Bouldertunnel zur Dachlkante. Teil 3/4: Erstbegehungen und große Touren...

vDSC01289 In der ausgesetzten Schlüsselpassage des Pythagoras.

Hiobsbotschaft (2017): Das Jahr 2017 begann für Conny, meine häufigste Kletterpartnerin, mit einer Hiobsbotschaft. Sie hatte schon länger Hüftschmerzen und deshalb bereits 2016 das Volleyballspielen aufgegeben. Nach mehreren Arztbesuchen (Röntgen, Arthro-MRT, usw.) wurde sie schließlich zu einem Spezialisten in Baden geschickt. Eine Hüftoperation war unausweichlich (wegen FAI), bereits Mitte März, war es so weit. Nach der Operation folgte die Aussage des orthopädischen Chirurgen: nie wieder Lauf- Stop&Go Sportarten und eventuell auch nie wieder Klettern/Bergsteigen wie bisher. Glücklicherweise wird in der Regel nicht so heiß gegessen wie gekocht, Conny's Genesung verlief besser als erhofft, sie konnte Ende Mai wieder mit dem Radfahren und im August mit leichtem Klettern beginnen - gut das Klettern im Gegensatz zu Tennis oder Volleyball ein Hüftschonender Sport ist. Das war natürlich auch keine gute Sache für mich, wenn einem ein Kletterpartner ausfällt.

Erste Erstbegehung (2017): Meine Motivation war dennoch groß. Im Frühjahr dieses Jahres durchblätterte ich eines Nachmittags den Xeis Führer auf der Suche nach Zielen für den Sommer. Da stach mir eine Wand ins Auge durch die eine markante, klassische Linie zog, die noch nicht begangen wurde. Zuerst dachte ich, dass es sich hier um einen Fehler handeln muss, doch auch in der Xeis Auslese war nichts zu finden. Da ich mir den Sommer 2017, ermöglicht durch einen Jobwechsel, frei nahm, kam mir der Gedanke eine Erstbegehung ebendort zu versuchen, denn wann hätte ich mehr Zeit als in diesem Sommer? Markus und Roman wurden eingeweiht und nach einem erfolgreichen Frühjahr ("Weißer Streifen" rotpunkt, "Bodenbauerweg" im Hochschwab, "Peternschartenkopf Nordwand" und "Rosskuppenkante" im Gesäuse), stiegen Roman, Markus und ich schwer beladen zum Wandfuß der gut 400m hohen Hochzinödl Nordwand auf. Es hat schon etwas keine Schwierigkeiten zu kennen und sich seinen Weg so zu suchen - mit der Akkuschlagbohrmaschine am Gurt, im Vorstieg. Es dauerte schlussendlich fünf Tage bis wir den Ausstieg erreichten, wobei wir jedes Mal abstiegen und zwei Mal wetterbedingt früher abbrechen mussten. Unsere Route, der "Pythagoras", war zum Anfangen gleich eine ordentliche Tour. Steil und oftmals ausgesetzt, mit teils hohen Schwierigkeiten, in einer Seillänge auch brüchigem Fels und einer brutal steilen, luftigen Abseilfahrt.

Roadtrip (09-2017): Nachdem es mit Luki in diesem Jahr super gelaufen ist und wir auch die "60plus" im Gesäuse meisterten, wollte wir uns an den hohen Bergen der Westalpen versuchen. Gemeinsam waren wir auch schon mehrmals Eisklettern und ich besuchte im Sommer einen Hochtourenkurs, den auch Luki schon absolviert hatte. Wir planten gut drei Wochen im September unterwegs zu sein. In der Woche vor unserer Abfahrt kam leider eine Schlechtwetterfront und machte unsere Pläne von Gran Capucin, Mont Blanc du Tacul, etc. zunichte und wir wichen aus. Stattdessen besuchten wir Oltre Finale, Verdon, Céüse, Annot und den Gran Paradiso. Vor allem Verdon war für mich ein echter Hammer. Steile Wände, super Fels, schöne Kletterei, keine Zustiege und die Tatsache, dass wenn man abgeseilt hat wieder hinausklettern muss! Bei fast allen unserer acht Touren wäre eine Flucht (nach unten) nicht möglich gewesen - also ist Rausklettern die einzige Option. Insbesondere auf die schöne "Le Mains dans le Sel" (VIII) bin ich nach wie vor stolz, da ich, so wie in den restlichen Verdontouren, alle Seillängen auf Anhieb durchsteigen konnte. Es war eine richtig schöne Zeit und ich möchte irgendwann zurückkehren. Als Abschluss des dreiwöchigen Trips stand der Gran Paradiso (4061m) auf dem Plan und wir wollten ihn über die Nordwestwand erklimmen.

Gran Paradiso – Nordwestwand: Diese ist eine 600m hohe Eiswand. Verwöhnt durch die Erfolge der letzten Wochen, kümmerten wir uns für das was uns erwarten sollte nicht nicht detailiert genug um die Tour und starteten auch relativ spät vom Winterlager, denn die Hütte war Anfang Oktober nicht mehr bewirtschaftet. Auch waren wir am Zustieg nicht gerade schnell. Am Gletscher gab es keine Spur und so mussten wir unseren Weg durch die Spalten suchen und den besten Ort finden, um zwei mächtige Spalten zu überwinden. All dies kostete sicher Zeit und um 12:30 standen wir erst am Fuß der Wand, in der sich kaum noch Schnee befand - also fast durchwegs blank war. Wäre mir klar gewesen, dass noch 600Hm in sprödem Blankeis auf uns warten, wäre ich sofort umgedreht, aber aufgrund der Uhrzeit erwartete ich, dass ich mich bei der Rechnung mit den Höhenmetern vertan haben muss und deshalb wahrscheinlich eh nur noch 300m oder so auf uns warteten. Auch sah alles gar nicht so weit aus. Unser Plan war die Wand am laufenden Seil zu gehen und deshalb hatten wir nur ein 50m Seil mit. Wegen dem spröden Eis und der Tatsache, dass im Blankeis klettern doch deutlich anspruchsvoller als bei erwarteter Schneeauflage, wechselten wir sehr bald auf klassisches Sichern. Jede ausgekletterte Seillänge endete deutlich früher als ich es angenommen hätte und bald wurde mir klar, dass die 600m Wandhöhe wohl doch stimmen. Wir sind trotzdem durch. Am blanken Gipfelgrat wehte so ein Sturm, dass unsere Seile waagerecht standen und eine Kommunikation ab 5m Distanz sinnlos war. Um 19:00 erreichten wir den Gipfel - bei Sonnenuntergang, auf einem 4000er und wir kannten den Abstieg (über den Normalweg) nicht. Dafür war die Aussicht und Abendstimmung atemberaubend. Wie erwartet war der Normalweg sehr gut gespurt und selbst in den blanken Passagen war klar wo es lang ging. Auf einem Rücken verlor sich dann die Spur des Normalwegs und wir entschieden einer abzweigenden Spur zu folgen. Diese sollte uns wieder zum Fuß der Nordwestwand führen, verlor sich aber bald auch und so stiegen wir abermals "spurlos" am Gletscher auf der Suche nach dem besten Weg. Zum Glück kam der riesige Vollmond bald um die Ecke und leuchtete uns das Becken aus. Um 22:30 erreichten wir wieder das Blockgelände und um 0:30 die Hütte. Es war ein langer Tag... Im Nachhinein denke ich, dass der „Verhauer" am Abstieg nicht schlecht war, denn so trafen wir etwas später auf den Weg vom Vormittag. Denn hätten wir den Normalweg über das riesige Blockgelände gefunden? Es war schon eine Herausforderung in der Nacht unseren Weg vom Morgen zu finden.

Weitere Kletterurlaube (2017): Im selben Jahr verbrachte ich mit Conny zusätzlich zwei Urlaube in Tirol (August) und an der Côte d'Azur (Ende Oktober). In Tirol wurden wir beide zu Beginn überrascht, dass Conny sich nach einer halbjährlichen Kletterpause mit VIern schwer tat. Im Nachhinein nicht verwunderlich, durfte sie ihr Bein ja doch ganze 4 Monate nicht belasten... Zum Glück zeigte die Formkurve aber steil bergauf und in Frankreich war schon fast wieder alles beim alten. Hier gefiel mir Chateauvert sehr gut und ich kann jedem den Besuch nur raten.

Einen weiteren Trainingswinter später befinden wir uns nun im Jahr 2018. Heuer verlagerte ich nach einem fingerkraftintensiven Beginn den Schwerpunkt auf Stabilisations- und Körperspannungstraining, was ich in den letzten Jahren eher vernachlässigt habe. Es hat sich ausgezahlt und ich bin heuer sicher noch etwas stärker geworden. Für Conny lief es auch sehr gut und sie konnte im Frühjahr 2018 ihre ersten beiden VIII- und im Juni ihre erste VIII rotpunkt klettern. Schön zu sehen, dass sie nach ihrer Operation und dem Neustart stärker als zuvor zurückgekehrt ist! Neben einem erfolgreichen Sportkletterjahr lief es für mich im alpinen heuer bereits auch besser denn je. Anfang Mai war trotz langen Winters die Zeit bereits reif für die großen Wände.

Zweite Erstbegehung (2018): Am Wochenende des ersten Mai besuchte ich die zweite Erstbegehung von Markus, Roman und mir in der Planspitze Nordostwand im Gesäuse. Zuerst noch alleine bohrte ich die ersten drei Seillängen im Vorstieg ein, zwei Wochen später standen Roman und ich schon auf der großen Terrasse - ca. 300Hm über dem Einstieg - und nochmals zwei Wochen später erreichten wir wieder zu dritt den Ausstieg unserer neuen 16 Seillängen langen Tour "Mailenstein". Genial und das Jahr hatte noch gar nicht richtig angefangen. 57 BH als Zwischensicherung und 28 Standbohrhaken setzten wir in der ca. 480m hohe Wand an drei Klettertagen. Im Vergleich zum Pythagoras war die Erstbegehung des Mailensteins etwas ganz anderes. Es war immerhin schon unsere zweite Tour und diese ist kaum ausgesetzt und hat bis auf die brüchigen Passagen im Pfeilerausstieg vergleichsweise Genusscharakter.

Alpinklettern (2018): Weiters kam auch Conny heuer wieder mit und wir machten die "Borderline" am Wetzsteinkogel (Hochschwab) und den 500m hohen "Waidhofnerweg" am kleinen Ödstein (Gesäuse) mit seinen unglaublichen Wasserrunsen. Bei letzterem war die mächtige Frühjahrsrandkluft eigentlich das größte Hindernis - eine wirklich schöne und empfehlenswerte Tour! Aber jetzt wird es Zeit, dass ich Conny auch mal die Gesäuse Nordwände aus der Nähe zeige. Diese Nordwände besuchte ich heuer schon mehrmals und mit Johannes gelang mir nach der "Flora" (kleiner Ödstein Südwand) und "Konkurs" (Planspitze NW-Wand) meine bzw. unsere bis dato wildeste Tour - die "Dachlkante"...


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