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3 Minuten Lesezeit (657 Wörter)

"Butterfinger"

IMG_1376 "Butterfinger" photo credit: Roman Gruber

Der Ratengrat, hoch über Mixnitz, gilt allgemein als die Wiege des Klettersports im Grazer Bergland. Schon um 1900 wurden die ersten Routen durch die offensichtlichen Verschneidungen und Risse gelegt. Zu Zeiten der „Direttissimas" wurden die schwierigsten hakentechnischen Routen dort erschlossen und als das Sportklettern in der Steiermark Einzug hielt war der Ratengrat der „place to be".

In den letzten Jahrzehnten wurde es ruhig um den Ratengrat. Die Klassiker wurden zwar immer noch gern geklettert, aber es tat sich kaum Neues. Zwar kam es noch zu einer Resterschließung durch Gerhard Grabner und Gefährten mit einigen tollen Routen aber der Zustrom der Kletterer hielt sich dennoch in Grenzen.

Erst in den letzten Jahren nahmen sich zwei unermüdliche Neulanderschließer namens Rüdiger Hohensinner und Matthias Theissing, wieder des Ratengrats an und schufen einige Kleinode, welche recht häufig wiederholt werden.

Erfreulicherweise sind nun auch wieder einige der „jungen Wilden" auf den Geschmack gekommen und so erhielt die sehr selten wiederholte Route „Mikado" am letzten Wochenende zwei Begehungen durch Matthias Aberer mit Gef. und tags darauf durch Stefan Brauchart und Jürgen Neuhuber.

O-Ton Stefan: „Wo Grabner draufsteht ist zumeist oldschool drin. In diesem Fall mal 100%".

Wie das damals war, als die Sportkletterei am Ratengrat Einzug hielt, erzählt Ernst Gruber im Buch „Kostbarkeiten im Grazer Bergland".

„Eine neue Ära".

1982 war wohl der endgültige Beginn der Sportkletterära im Grazer Bergland. Auch Roman, mein Bruder und ich wurden vom Sportkletterfieber erfasst und nun galt es, die aus dem Yosemite Valley mitgebrachten Ideen und Eindrücke in die heimischen Gebiete einzubringen und umzusetzen.

Damals war noch der Ratengrat der am besten erschlossene und meistbesuchte Felsen des Mixnitzer Bereiches, hier traf sich die Szene und hier waren wir auch dabei, die ersten Sportkletterrouten einzurichten und zu versuchen. Unermüdlich hielten wir Ausschau nach Neuland, jeder noch undurchstiegene Wandteil, jeder Riss wurde auf seine Begehbarkeit überprüft.

Aber viel hatten sie uns nicht übriggelassen, die Generationen vor uns, sie waren einfach zu gut. Beinahe in jedem Riss fanden wir ihre Spuren, alte Haken oder Holzkeile. Weil damals aber noch viele Routen technisch, das heißt mit Haken und Trittleitern als Steighilfe begangen wurden, aber nicht weil die Kletterer damals so schlecht waren, sondern weil sie einfach das moderne Material wie Reibungskletterschuhe oder Klemmkeile noch nicht besaßen und vor allem weil die Einstellung zum Klettern eine andere war, standen wir nun vor der Herausforderung, diese Routen noch einmal erstzubegehen, diesmal nach den selbst auferlegten Regeln der Rotpunktkletterei.

Eine dieser Routen, die wir damals in freier Kletterei versuchten, war der Gedenktafel- oder Feuerplatzriss am Ratengrat, nur etwa zwanzig Meter hoch, aber überhängend und ziemlich glatt. Immer wieder probierten wir den abdrängenden Riss zu überlisten, aber oft warf er uns ganz oben noch ab. Wie bei einer Turnübung studierten wir die einzelnen Bewegungsabläufe ein, und dann endlich, im Herbst `82 war es geschafft. Wir waren mächtig stolz auf uns und benannten diese Route ab nun „Butterfinger". Damals, mit dem Schwierigkeitsgrad 9- bewertet, sicher eine der schwierigsten Routen im Grazer Bergland.

Durch die nunmehr auf den Markt gekommenen Bohrhaken, die extra für das Freiklettern konstruiert wurden und auf die man sich im Falle eines Sturzes verlassen konnte, sowie durch die Reibungskletterschuhe, wurden nun Routen gemacht, die früher unmöglich schienen.

Die Kletterszene, die in dieser Zeit oft an den Wochenenden herrschte, war wohl die Beste, die ich jemals erleben durfte. Die damals führenden Sportkletterer der Steiermark trafen sich hier, wie etwa Sepp Lang, Hias Leitner, Thomas Hrovat, Robert Kerneza, um nur einige zu nennen, und natürlich wir Pernegger, wie Horst Jobstraibitzer, Rainer Wagner sowie mein Bruder Roman und ich. Manchmal saßen wir stundenlang bei schönstem Wetter in einer Runde zusammen, irgendwer war wieder einmal von einer Auslandsreise zurück und erzählte nun wahre Wundergeschichten über die Leistungen anderer Felsakrobaten. Voll motiviert sprangen danach alle zu den Felsen, jeder versuchte sich an irgendeiner Route, aber oft war es schon zu spät und wir stolperten bei Dunkelheit ins Tal, um beim Fuchswirt die nächsten unmöglichen Geschichten zu hören. 

Der Text von Ernst Gruber wurde dem Buch "Kostbarkeiten im Grazer Bergland" entnommen.

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