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3 Minuten Lesezeit (687 Wörter)

Der plötzliche und unbeabsichtigte Abbruch der Sicherungskette

Nadelspitz_cp

In seinem Blog „Tausendmal berührt" behauptet Horst Jobstraibitzer, dass ich bei meiner ersten Rotpunktbegehung der Route „Taugenichts" im Alter von dreizehn Jahren die Nerven wegschmiss und kurz vor der Schlüsselstelle die Schlingen wieder aus dem Bolt ausklinkte, sodass ich praktisch ohne Sicherung dastand und ein Bodensturz drohte. Ich kann diese teilweise unwahren Behauptungen nicht unkommentiert lassen und möchte sie auf diesem Wege richtig stellen: Ich war damals fünfzehn Jahre alt.

Es wurde weiters behauptet, dass ich mit schief sitzender Brille geklettert sei. Ich habe ein Beweisfoto diesem Beitrag angehängt und es ist meiner Meinung nach deutlich ersichtlich, dass die Brille nur ein ganz klein wenig, wenn überhaupt, schief auf der Nase saß.

Nachdem meine Ehre wieder hergestellt ist, möchte diese Gelegenheit aber gleich nutzen, um einige Situationen zu beschreiben, bei denen es noch zu einem plötzlichen und unbeabsichtigten Zusammenbruch der Sicherungskette kam.

Stalker

Nede kletterte die Schlüsselstelle von „Stalker" sehr kunstvoll. Sein linkes Knie drehte nach rechts, nach links, nach oben, unten und dann wieder gerade und plötzlich war das Seil aus dem Karabiner der Expressschlinge des zweiten Bolts draußen. Mir stellen sich dabei zwei Fragen: wie kann man mit dem Knie ein Seil ausklinken und wie bemerkt man dieses Missgeschick noch rechtzeitig mitten in der Schlüsselstelle von Stalker?

Wigl-Wogl

Mein Bruder und ich waren neunmal den Normalweg am Ratengrat geklettert und fühlten uns zu höheren alpinistischen Weihen berufen. Der „Wigl-Wogl", eine Route im unteren vierten Schwierigkeitsgrad, war unser Ziel. In der ersten Seillänge stopfte ich einen faustgroßen Hexentrick in einen Riss, kletterte weiter und kurz vor dem Stand blickte ich nach unten. Ich erinnere mich gut an dieses Gefühl. Der Klemmkeil hatte sich gelöst und pendelte friedlich das Seil entlang nach unten. Wir kletterten daraufhin den Normalweg noch ein zehntes Mal.

Jetzt – meine Damen und Herren – wird es aber wirklich wild.

Terra fantastica

Zwei Dinge vertragen sich im Klettersport wie Hund und Katze: nämlich Platte und Klemmkeil. Die erste Seillänge in der „Terra Fantastica" ist eine Platte, ich stand ratlos mittendrin und weil der erste Haken noch unerreichbar weit weg war, griff ich zu meinem kleinsten Klemmkeil und fuzelte ihn in einen Ansatz eines Rissansatzes hinein. Es kam wie es kommen musste: ich rutschte ab. Der Klemmkeil hielt das in ihn gesetzte Vertrauen nicht und riss ohne zu zögern aus. Ich detonierte in den Waldboden und wollte schon über den nächsten Felsen runterkugeln. Jetzt erst setzte die Sicherungskette in Form von WW wieder ein. Er ließ das ohnehin nutzlose Sicherungsseil los und hechtete mir hinterher. Ich weiß nicht wie, aber er erwischte mich noch rechtzeitig bei den Beinen. Es muss ein Bild für Götter gewesen sein: Ich hing kopfüber über einen kleinen Felsabbruch während mich WW an beiden Beinen (wie an der berühmten Scheibtruhe) festhielt.

Wir haben übrigens trotz des Zwischenfalls nicht locker gelassen und kletterten die Route dann noch sturzfrei.

Peterkapfeiler

Bei dieser Episode handelt es sich um einen sprichwörtlichen Abbruch der Sicherungskette und - soviel sei verraten- es war echt knapp. Es war in der fünften Seillänge des Peterkapfeilers am Sparafeld. Laut Führer erwartete mich noch eine leichte Länge im zweiten Schwierigkeitsgrad und ich kletterte munter drauflos, kam in den Flow und kletterte und kletterte, bog falsch rechts ab und konnte plötzlich nicht mehr vor und noch weniger zurück. Die Situation war ernst: Der letzte Haken war zwanzig Meter unter mir und das Gelände war -höflich formuliert- brüchig. Rückzug.

Ich hatte die scheinbar rettende Idee und legte das Seil um ein kleines Felsköpferl. Damit war die Seilreibung zwar recht groß, aber ich war von oben gesichert. Ich kletterte im Bruchhaufen ab und hatte plötzlich ein ungutes Gefühl im Magen. Ein Felsblock hatte sich im Bauchbereich gelöst und donnerte Richtung Tal. Ich schaute nach oben. Das Felsköpferl, um das ich das Seil gelegt hatte, schwankte ein wenig und krachte mir auf den Helm. Meine Sicherung war Geschichte und das Seil hing wieder zwanzig Meter frei durch. Links von mir war eine kleine Normleiste. Minutenlanges Zögern, der Kaugummi zerfaserte im Mund. Kurz bevor mir Kraft ausging, dachte mir: „Scheiss drauf" und zog an. Sie hielt und brachte mich wieder in sicheres Gelände.

 

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