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8 Minuten Lesezeit (1521 Wörter)

„Freude am Klettern und meine persönlichen Limits finden!“ Daniel Kontsch ist Mitglied im Österreichischen Paraclimbing-Nationalkader

CLIMBING.PLUS sprach mit ihm persönlich über seine Ziele und Motivation.
 


Ein leidenschaftlicher, ehrgeiziger Sportler war Daniel schon immer. Auch nach seinem Motorradunfall 2009, der mit einer Querschnittslähmung ihn in den Rollstuhl bringt, ändert daran nichts.

Bereits zwei Jahre später – 2011 beginnt Daniel professionell Rollstuhlbasketball und 2018 kommt er zum Paraclimbing. Seitdem ist Klettern nun seine neue, große Herausforderung.



Daniel, du warst jahrelang professionell im Rollstuhlbasketball.

Warum hast du damit aufgehört? Spielst du noch ab und zu eine Runde?

Ich habe meine Rolli-Basketball Karriere beendet, weil ich die zeitliche Doppelbelastung mit Paraclimbing und Rollibasketball auf Nationalteam-Niveau einfach nicht mehr parallel zu meiner Firma und dem Arbeitsalltag unterbringen konnte.

Und da ich für mich persönlich mehr Perspektiven im Paraclimbing sah, habe ich mich dann dafür entschieden. Ich spiele aber trotzdem noch sehr gerne Basketball als Ausgleich zum Klettertraining. Jedoch hat der Corona Wahnsinn dem leider etwas eine Bremse verpasst.

Bist du noch berufstätig oder hauptberuflich Sportler?

Ich bin mit meinem Therapiehund Capper regelmäßig im Rehazentrum in Tobelbad im Einsatz und baue parallel auch eine kleine Firma auf, die Hundezubehör produziert.


Seit wann kletterst du bzw. bist du vor deinem Unfall schon mal geklettert?

Ich war vor meinem Unfall schon sehr viel und gerne in den Bergen unterwegs, damals aber verstärkt hochalpine Touren und Mehrseillängen. In der Halle war ich früher eigentlich nur wenn das Wetter draußen nicht mitgespielt hat.

Nach meinem Unfall hatte ich dann aber nicht mehr wirklich die Möglichkeit das ganze so auszuüben und so kam ich dann zum Rollstuhlbasketball.

Erst 2018, durch eine vom Alpenverein organisierte Inklusionskletterveranstaltung habe ich dann wieder zum Klettersport gefunden.


Wie bist du zum Klettern gekommen?

Zum Paraclimbing bin ich 2018 durch die INKletter Veranstaltungen vom Alpenverein gekommen. Dort konnte ich mit Angelino einfach mal ausprobieren was denn so alles möglich ist. Dabei haben uns ein paar Leute gesehen die bereits damals im Nationalteam waren und haben uns dazu motiviert einmal zu einem Trainingslager nach Innsbruck zu kommen. Das haben wir dann etwa einen Monat vor der WM2018 in Innsbruck auch gemacht. Dabei konnten wir beide an einem Wochenende die Leistungen und Limits für das Nationalteam, den A Kader und für die Entsendung zur WM erfüllen.

So kam es dazu, dass wir nach dem Wochenende unser Nationalteam Gewand und einen Trainingsplan in die Hand gedrückt bekamen und wir als ersten Wettbewerb gleich die WM2018 mitklettern durften.

FotoCRafie Christine Rechling-Castro

Was ist für dich wichtiger beim Training – an den Schwächen arbeiten oder deine Stärken ausbauen?

Grundsätzlich ist es denk ich für jeden Wettkampfsportler wichtig, gerade an seinen Schwächen zu arbeiten. Aber ich finde auch, dass es wichtig ist, immer wieder Dinge einzustreuen, die Spaß machen, oder einem auch gut liegen. Die richtige Mischung macht es letztlich aus und ich denke, dass wir da gerade in Graz mit unseren Trainern schon etwas sehr Gutes und Erfolgreiches aufgebaut haben.

Weiters ist es bei uns auch toll, dass wir mehrere Athleten aus derselben Kategorie haben, die gemeinsam trainieren. So kann man von anderen, auch Dinge abschauen bzw. lernen und sich auch gegenseitig weiter hoch pushen.


Suchst du dir spezielle Routen aus, passend zu deinem Handicap?

Gerade bei uns AL1 Athleten ist es so, dass man nicht einfach alles klettern kann, was ein Schwierigkeitsgrad definiert. So kann es z.B. sein das eine 7B im massiven Überhang machbar ist jedoch eine 5a auf einer Platte unmöglich wird. Denn Platten sind für uns einfach immer mit massiver Reibung verbunden, da wir mit unserem Körper dann ganz an der Wand anliegen würden.

Im Gegensatz dazu haben wir im Überhang den Vorteil das unser Körper nicht an der Wand anliegt und somit wir keine zusätzliche Reibung überwinden müssen.

Gleichzeitig haben wir aber bei jedem Zug weniger Höhenmeter zu überwinden, was das Hangeln auch begünstigt.

Weiters müssen wir auch immer wieder darauf achten das Routen nicht mit zu vielen Bewegungsproblemen geschraubt wurden, denn oft sind z.B. große Untergriffe gefolgt von weiten Zügen für uns als "Hangler" dann eine massive Zange von der wir ewig weit aufspannen müssten...

Aber wenn man die Rahmenbedingungen beachtet ist erstaunlich viel Hangelbar.

Natürlich bekommen wir aber gerade auch in der Wettkampfvorbereitung Routen extra so geschraubt das sie auch Sinn machen für unser Training.


Was macht für dich einen perfekten Klettertag aus?

Ein perfekter Klettertag startet idealerweise mit gutem Wetter und einem guten Kaffee. Gefolgt von vielen hangelbaren Routen, in denen man sich austoben kann. Und als Abschluss schafft man es auch noch in seinem Projekt zu einem neuen Highpoint. Das ganze natürlich gepaart mit guten Freunden und viel Spaß, der auch beim Training nie fehlen darf (Grinst)


Wie bereitest du dich auf einen Wettkampf vor?

Die Wettkampf Vorbereitung hat viele Facetten. Einerseits gibt es da die langfristig angelegten Trainingspläne, die wir von unseren Coaches am Beginn der Saison bekommen, wenn feststeht welche Wettbewerbe am Programm stehen werden. In denen man ganz gezielt erst an der Maximalkraft arbeitet und das dann Step by Step in Richtung Intervalltraining und Ausdauer weiter aufbaut.

Dann gibt es aber auch noch die kurzfristige Wettkampfvorbereitung bei der es eher um die Tagesplanung sowie Ernährungsplanung während einer Wettkampfwoche und auch am Wettkampftag geht. Da ist es bei mir speziell auch sehr wichtig, dass ich mit meiner Ernährung nicht übertreibe, damit ich gut schlafen und auch richtig regenerieren kann. Denn bei mir ist die Ernährung sehr stark auch mit meinen Nervenschmerzen verknüpft.

In Innsbruck beim World Cup 2021 gab es ein neues Klassifizierungssystem. Wie war deine persönliche Erfahrung / Einschätzung?

Ich finde es gut das sich das Paraclimbing generell sehr stark weiterentwickelt. Aber gerade aus diesem Grund und wegen dem rasanten Wachstum der Sportart war es einfach nötig endlich ein wirklich fundiertes Klassifizierungssystem einzuführen. Auch wenn es natürlich sehr bitter ist für manche Sportler, die plötzlich in anderen Kategorien eingestuft wurden oder für die es eventuell gar keine Kategorie mehr gab. Jedoch kann ich sagen, aus Sicht der höher eingeschränkten Kategorien, dass die einzelnen Klassen deutlich fairer geworden sind. Weiters finde ich es nun auch super, dass jeder Athlet wirklich begutachtet und durch getestet wird bei seiner Klassifizierung und weiters auch beim Klettern in der Wand beobachtet wird. Denn nur so kann auch langfristig gewährleistet werden das der Sport so fair wie möglich ausgeübt werden kann.

Das allerdings auch das neue System noch nicht ganz perfekt ist und weiter daran gearbeitet und verbessert werden muss ist, denke ich, ist auch allen Beteiligten klar.


Was stand nach dem letzten World Cup in Innsbruck als erstes wieder an?

Nach dem World Cup in Innsbruck ging es für uns Zuhause gleich wieder weiter mit dem regulären Training, da bereits kurz darauf der nächste Wettkampf in Briancon am Programm stand.

Grundsätzlich gilt immer nach dem World Cup ist vor dem World Cup.


Sportklettern war jetzt das erste Mal bei den Olympischen Spielen mit dabei.

Hast du auch am Bildschirm mitgefiebert? Hast / Hattest du einen Favoriten?

Ich denke jeder Kletterbegeisterte hat daheim mit gefiebert. Gerade wenn man dann auch noch Athleten kennt die mit dabei sind, da muss man dann einfach so gut es geht dabei sein und die Daumen drücken.

Natürlich habe ich mir im Vorfeld Gedanken gemacht wer die Medaillen holen könnte, aber die Sportler die sich für Olympia qualifiziert haben, sind alle so stark, dass es da oft auf die Tagesverfassung und auch den Kopf ankommt.

Außerdem schreibt Olympia oft ganz eigene Geschichten. So hätte ich bei den Herren nie damit gerechnet das Alberto das erste Gold abholen wird. Ich bin aber mega stolz auf Jessy und Jakob! Dass Jessy so kurz nach ihrer Fingerverletzung in der Vorbereitung um die Medaillen mitkämpfen konnte und dass Jakob es geschafft hat Bronze mit nach Hause zu bringen ist.

Einfach unglaublich!


Deine Ziele für 2021? Kletterziele?

2021 wird es wieder ein Aufbaujahr werden, da abgesehen von den Weltcups keine wirkliche Großveranstaltung im Kalender steht. Von daher ist das Ziel sich von Weltcup zu Weltcup zu arbeiten und die Leistungskurve stetig nach oben zu schrauben. Ideal wäre natürlich auch das eine oder andere Podest und eine gute Visitenkarte abgeben für eine Entsendung in Richtung WM 2022 in der Schweiz.

Daniel Kontsch

  Daniel Kontsch


Geboren:

am 17.12.1986 in Graz / Österreich

mit seinem Therapiehund Capper regelmäßig im Rehazentrum in Tobelbad im Einsatz,

derzeit Aufbau einer eigenen Firma zur Produktion für Hundezubehör

Seine Stärken:

Lässt sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen oder ablenken, kann gut analysieren

Seine Schwächen:

manchmal etwas ungeduldig

Wünsche fürs Leben:

Das hier und jetzt genießen und immer das Beste machen aus dem was noch kommt


Wettkämpfe:

5. Platz WC Innsbruck 2021 AL1+RP1 gemerged

4. Platz WM Briancon 2019 AL1

2. Platz Internationales Masters Imst 2019 AL1

2. Platz A-Cup Gesamtwertung 2019 AL1

2. Platz Österreichische Meisterschaft 2019 AL1

3. Platz Österreichische Meisterschaft 2020 AL1

WM Teilnahme Innsbruck 2018





Vielen Dank, für deine Zeit lieber Daniel.

Für deine bevorstehenden Wettkämpfe und Ziele wünschen wir dir ganz viel Erfolg!

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