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2 Minuten Lesezeit (399 Wörter)

„Gedanken eines Boulderers“

45379087_1119098958244758_3964532453778915328_n Climber:Richi Signer; photocredit: Mary Gabrieli
Climber: Richi Signer; photocredit: Alexander Luzy

Der Schweizer Richi Signer, Jahrgang `58, ist ein Sportkletterer und Boulderer der ersten Stunde und auch heute noch jede freie Minute am Fels anzutreffen. 

Die "Gedanken eines Boulderers" entstanden nach der Erstbegehung des Boulders "Lochproblem" (Basler Jura), 1978 und regen auch heutzutage noch zum Nachdenken an. SW-Foto: "FlicFlac", links das "Lochproblem".

Nun habe ich es schon zehnmal versucht und noch immer komme ich keinen Meter weiter, obwohl es nur noch einen Meter bräuchte bis ich oben auf dem Block sitzen könnte.

Aber was soll`s. Die Sonne scheint, und Morgen oder Übermorgen ist auch noch ein Tag.

Oder vielleicht komme ich auch erst in einer Woche oder in einem Monat zurück und mache einen neuen Versuch.

Warum bin ich nicht in den Bergen wie alle anderen und mache Touren die jeder kennt?

Warum habe ich gerade dieses Problem ausgewählt? Diesen 4 Meter hohen Block?

Ist es überhaupt ein Problem?

Sitze ich unter diesem Block weil mir das alpine Leistungsbergsteigen nichts mehr gegeben hat?

Vielleicht wollte ich vom Konsumverhalten des Alpinisten wegkommen, weil ich immer mehr hinter die Kulissen sah.

Sah ich nicht immer mehr den Ehrgeiz hinter der ganzen Sache, den Leistungsdruck, der immer mehr Freunde trennte und sie immer mehr in einen verbissenen Konkurrenzkampf führte, den sie jedoch immer gegeneinander verneinten?

Vielleicht sitze ich unter diesem Block, weil diese Problem mich gerade reizt, es wahrscheinlich niemandem außer mir interessiert.

Dieses Problem das ich vielleicht nie lösen werde, weil ich ein Neues entdeckt habe? Dieses Problem das für die anderen so unwichtig ist?

Reizt mich nicht mehr das Spiel das hinter dem Ganzen steht?

Das Spiel mit den Bewegungen, mit dem Gleichgewicht und mit der Idee?

Sollte nicht auch der Alpinismus nur ein Spiel sein?

Ein Spiel, als Ausdruck einer Stimmung, ohne den Leistungsdruck von außen?

Vielleicht ist das bouldern für sich der Ausdruck einer Resignation?

Einer Resignation vor der übertriebenen Ernsthaftigkeit, die hinter dem Bergsteigen steht und so viel Freundschaft nur durch Oberflächlichkeiten bestehen lässt?

Fragen und Gedanken die nach keiner Lösung schreien, denn es ist ja alles nur ein Spiel. Ein Spiel das so unwichtig ist und doch meine Lebensfreude ausdrückt.

Einige Wochen später habe ich das Problem gelöst. Einige weiße Magnesiaflecken sind noch zu sehen. Sie zeugen von meinem Spiel.

Ein Spiel das zu unwichtig ist um es ernst zu nehmen. 

Text: Richi Signer

Climber: Richi Signer; photocredit: Alexander Luzy
 

Kommentare 1

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René Schweizer

am Samstag, 13. April 2019 11:17

Heia Richi..das sind weise Worte eines weisen Mannes..genau so sollte es sein..mit Spass an der Sache und den Ernst zu Hause lassen (sorry, Ernst :-) )

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Heia Richi..das sind weise Worte eines weisen Mannes..genau so sollte es sein..mit Spass an der Sache und den Ernst zu Hause lassen (sorry, Ernst :-) )