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3 Minuten Lesezeit (590 Wörter)

Rotkreis vs Rotpunkt

Rotkreis vs Rotpunkt Kurt Albert in Sautanz (9-) Photo credit: Archiv Boulder Magazin

Beim Durchblättern der ersten Ausgabe des sagenumwobenen Klettermagazines „Boulder", stieß ich vor kurzem wieder einmal auf den, heutzutage kaum mehr geläufigen, Begriff „Rotkreis".
Meine Güte, das ist ja echt ewig her. Ich war noch stolz auf meine Rotkreisbegehungen und habe sie auch penibelst genau in meinen Aufzeichnungen vermerkt. Heutzutage aber kann niemand mehr etwas mit diesem antiquierten Begehungsstil anfangen.
Rotpunkt ist Top – Rotkreis hingegen ist Bääääh und wird als Stil für die Begehung einer Route schlichtweg nicht mehr akzeptiert. Aber warum eigentlich nicht? Und wo ist hier überhaupt der Unterschied?

Wikipedia spricht:

 Eine Rotkreis-Begehung (in den USA auch Yo-yo-ing genannt) ist die Begehung einer Route im Vorstieg, wobei bei einem Sturz zum letzten Stand, No-Hands Rest (Stelle, an der man ohne Benutzung der Hände stehen kann) oder bis zum Boden abgelassen wird und die Route/Seillänge wieder von Anfang an geklettert wird, das Sicherungsseil aber in den bis dahin eingehängten Zwischensicherungen verbleibt. Dieser aus den USA stammende Stil wurde in Europa vor allem in den 1970er und 80er Jahren verwendet, als die amerikanischen Kletterer im Freiklettern führend waren.

Eine Rotpunkt-Begehung bezeichnete ursprünglich das freie Durchsteigen einer dem Kletterer bekannten Kletterroute im Vorstieg in einem Zug, wobei die Sicherungskette nicht belastet wird und alle Zwischensicherungen selbst angebracht werden. Heute werden auch Durchstiege von Kletterern als Rotpunkt bezeichnet, wenn die Zwischensicherungen bereits eingehängt sind.

Der langen Rede kurzer Sinn:

Bei den damaligen Rotkreisbegehungen sind wir im Normalfall ohne Vorkenntnisse über Griffe, Tritte oder Bewegungsabfolgen am scharfen Ende des Seiles in die Route eingestiegen. (Wobei das mit den Bewegungsabfolgen nicht sooo eng gesehen wurde. Man war froh über Tipps und auch wenn man schon ziemlich genau wusste was einen erwarten wird, schmälerte das den Wert der Begehung nicht).
Naja so zitterte man sich halt Zug um Zug nach oben bis es einem irgendwann die Füße von den Tritten zog oder ein Dynamo danebenging und man ins Seil stürzte. Dann hieß es Ablassen! Die nächsten Moves auszuchecken war verpönt. Bestenfalls durfte man sich die folgende Passage noch einmal optisch aus der Nähe zu Gemüte führen, aber das war`s dann schon.
Immerhin durfte das Seil hängenlassen werden und man kletterte beim darauffolgenden Versuch im Toprope bis zum letzten geklinkten Haken. Ich kann mich an Rotkreisbegehungen erinnern, da waren vor dem entscheidenden Versuch alle Haken geklinkt und die entgültige Begehung verlief, bis auf die letzten Meter zur Umlenkung, mit Seilsicherung von oben.
Und noch eine Spitzfindigkeit gab es:
Nämlich den „No Hand Rest". Eine Stelle in der Route, in der man ohne Benutzung der Hände stehen konnte. Fand man so einen no hand rest, dann konnte man sich das Ablassen ganz bis zum Boden ersparen und durfte von diesem Punkt aus wieder starten. Hier wurde des Öfteren Schindluder getrieben und so mancher no hand rest war alles Mögliche, nur nicht das was er sein sollte. Mit allen erdenkbaren Verrenkungen versuchte man irgendwie die Hände vom Fels zu bekommen. Dann musste man einmal die Hände hinter dem Rücken zusammenklatschen und schon zählte es.
Das Allerbeste an dieser Ethik war jedoch, dass man sich die Runouts (und von denen gabs vor 35 Jahren mehr als genug) nur ein einziges Mal als Seilerster hochschwitzen musste.
Die ersten vier Begehungen des Zeitgeists in der Arena waren im Übrigen Rotkreisbegehungen. Erst der Tiroler Michl Wolf durchstieg die Route anlässlich der fünften Begehung wirklich Rotpunkt. (Mit hängenden Schlingen). 

Worauf ich aber hinausmöchte:

Ist eine Rotkreisbegehung sportlich wirklich um sooo viel weniger Wert als eine Rotpunktbegehung bei der sämtliche Moves bis ins kleinste Detail ausgebouldert wurden?
Ich bin mir da gar nicht so sicher. Was haltet ihr davon? 

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