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3 Minuten Lesezeit (555 Wörter)

"Invalidenleiter" aka "tired man crack"

Foto Invalidenleiter (c) Rüdiger Hohensinner

Auf Facebook stieß ich vor kurzem auf einen Eintrag von Keith O`Donovan. Er suchte einen Partner für die Invalidenleiter am Ratengrat. Es gibt eine neue Tour am Ratengrat? Ich habe praktisch meine gesamte Jugend dort oben verbracht und nun wurde ich neugierig. Als ich dann auch noch las, dass die Route am Gösserwandl beginnt, begann ich im Net zu suchen und kurz darauf fand ich eine Routenbeschreibung mit Topo und Fotos.

„Cool" entfuhr es mir. Den Riss kannte ich. Das Topo warf den soliden 6. Grad aus. Mit zehn Bohrhaken. Es tut sich ja doch noch was am Spielplatz meiner Kindheit.

Ich stieg in meine Zeitmaschine Richtung Vergangenheit und schnallte mich an. Der Zeiger am Armaturenbrett begann sich im Wahnsinnstempo gegen den Uhrzeigersinn zu drehen und blieb schließlich im März 1980 stehen.

An diesem kalten Samstagmorgen bin ich, wie so oft, allein nach Mixnitz geradelt und zum Ratengrat hochgewandert in der Hoffnung, dort jemanden zum Klettern zu finden. Am Feuerplatzl angekommen traf ich auf Sepp Lang aus Kapfenberg der ebenso wie ich allein war und ebenso wie ich auf einen Kletterpartner hoffte. Sepp galt damals als einer der besten Kletterer weit und breit. Ein halbes Jahr zuvor hatte er, gemeinsam mit Heinz Zak, Hansjörg Leis und Bernard Wietlisbach die zweite Begehung der damals schwierigsten Reibungskletterei der Welt geschafft. „hall of mirrors" im kalifornischen Yosemite Valley. Und dieser Kletterstar fragte mich, sechzehnjähriges Bürschchen, ob ich mit ihm klettern wolle. Voller Ehrfurcht sagte ich freudig zu.

Er habe, so erzählte mir Sepp, beim Heraufgehen einen Riss gesehen den er sich gerne im Toprope ansehen möchte. Kurze Zeit später hatten wir bereits einen Standplatz gebastelt und seilten uns über das Gösserwandl ab. Der Riss war moosig und dreckig, aber immerhin leichter als gedacht. Es war nicht die einzige Neuerschließung an diesem Tag. Sepp kletterte, wiederum im Toprope, einen überhängenden Piazriss in der Nähe des Fuchsloches den er „Caramba" nannte und ihn, wie damals gerade in Mode, mit der amerikanischen Schwierigkeitsskala bewertete. 5.10b.

Am darauffolgenden Wochenende standen bereits die Gebrüder Gruber unter dem Gösserwandlriss. Es war Zeit für die „richtige" Erstbegehung. Der neunzehnjährige Ernstl hängte sich ein paar Klemmkeile an den Gurt und schon piazte er sich die Einstiegsmeter hinauf. „Ganz schön moosig" stellte er fest. „Wisch,wisch,wisch" und weiter ging es. Kurz darauf hörte man ihn wieder etwas rufen. „Ganz schön grasig" und „Rupf,rupf,rupf". Keine fünfzehn Minuten nachdem er den Boden verlassen hatte, erreichte er einen Baum an dem er den Standplatz baute. Die Erstbegehung des „tired man cracks", 6-, nur mit Klemmkeilen gesichert, (Friends oder gar Aliens gab es natürlich nicht), war soeben passiert. Die Route bekam nicht wirklich viele Wiederholungen. Noch im selben Frühjahr wurde er von Rainer Wagner und mir geklettert. Sepp kletterte ihn mit Hias Leitner ebenfalls noch einmal im Vorstieg aber sonst? Keine Ahnung wer sich dort noch hinauffürchtete.

Und jetzt, nach 36 Jahren bekam der Riss wieder Besuch. Liebevoll von Rüdiger Hohensinner und Matthias Theissing geputzt und mit 10 Bohrhaken in einen sicher kletterbaren Zustand gebracht ist er nun die erste Seillänge der Route Invalidenleiter. Mich freut es total und bei erstbester Gelegenheit werde ich meinem alten Freund wohl wieder einmal einen Besuch abstatten. Ob ich ihm dabei noch einmal clean zu Leibe rücken werde und somit die alten Zeiten noch einmal aufleben lasse oder doch den Luxus der Bohrhaken genieße, lasse ich mir noch offen….

Foto: Archiv Rüdiger Hohensinner

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