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3 Minuten Lesezeit (672 Wörter)

Die Badlwand "Hinter Gittern"

Badlwandgalerie_Pegga_20190205-102646_1 Fotoquelle: Wikipedia

Die Griffe sind abschüssig. Die Tritte auch. Mir stehen Schweißperlen auf der Stirn während ich krampfhaft nach einer Lösung suche. Mit jedem Millimeter, mit dem ich mich nach oben bewege, wird es schlimmer und der drohende Abflug wahrscheinlicher.

"Mein Gott ist das peinlich" hämmert es in meinem Hirn.

"Ich befinde mich in einer AUFWÄRMTOUR!!"

Noch hält mich mein Stolz davon ab, meinen Kletterpartner davon zu informieren, dass ich alsbald abgehen werde. Außerdem – ich werde von Hias gesichert. Da bin ich in guten Händen. Egal wie unerwartet man fällt – der Hias, der hält. Mit diesem Gefühl der Sicherheit starte ich, in meiner Verzweiflung, an den runden Auflegern durch. Patsch,patsch,patsch. Endlich erwische ich das rettende, aus meiner Position uneinsehbare, Bohrloch.

"Puuuuuh!"

Der „Pink Panther" ist 6+ und ich bin ihn nicht zum ersten Mal geklettert. Aber so aufgeführt wie diesmal habe ich mich in dieser Route noch nie.

Kurz darauf steht Hias an derselben Stelle. Erst wenige Tage zuvor war er mit dem „Zeitgeist" in der Arena eine 8a geklettert und nun schaue ich ihm zu wie er geradewegs in sein Verderben rennt. Auch er ist, so wie ich, „irgendwo" unterwegs. Und ebenso wie ich erwischt er erst im letzten Augenblick das Zweifingerloch.

„Bist du deppert" ist sein keuchender Kommentar, als er wieder neben mir am Asphalt der Galerie steht.

Die Badlwand hat ihre eigenen Gesetze.

Wenn man mit der Art der Kletterei nicht vertraut ist, tut man sich verdammt schwer und erst nach ein paar Besuchen, wenn man erst einmal herausgefunden hat wie man die Griffe und Tritte belastet und wie man die Bohrlöcher am besten hält und zum Rasten nutzt, wird es besser.

Leider ist dieser, einstmals beliebteste Klettergarten im Grazer Bergland, seit einigen Jahren gesperrt. Zu gefährlich ist der Aufenthalt auf der, vor sich hinbröckelnden, Galerie. Die Löcher im Gewölbe werden wöchentlich größer und bald wird es wohl endgültig kollabieren und zusammenbrechen.

Dabei wurde das Potential dieses Felsens lange Zeit nicht erkannt.

Während am gegenüberliegenden Kugelstein von Thomas Hrovat und Kollegen schon Routen im neunten Grad geklettert wurden und bereits die Resterschließung begann, gab es an der optisch eigentlich viel ansprechenderen Badlwand noch keine einzige Route.

Ein Lokalaugenschein der damaligen Grazer Kletterelite war ernüchternd.

„Flach, dreckig, a komischer Felsen. Zum Klettern kannst sowas ned brauchen." So deren Fazit.

Erst ein Besuch von Erika Kurzmann und Hubsi Puregger 1988 bescherte der Badlwand die erste Route ("Snoopy" 6-, 2 Seillängen).

Angelockt von deren Erzählungen tauchten Gerhard Grabner und Ingo Schalk 1990 auf der Galerie auf.

Mit „Gleiten statt hetzen" 7-, erschloss Gerhard dort die erste Sportkletterroute. Ingo legte mit dem „Fernwanderweg" 7+/8- nach.

Dies war der Startpunkt für eine Erschließungsgeschichte, die sich wellenförmig über die Badlwand ausbreitete und sie in wenigen Jahren zum Grazer Topgebiet machte.

Die Liste der Erstbegeher liest sich wie das who is who der aktivsten Einbohrer im Grazer Bergland.

Harry Gössler, Bernd Robanser, Martin Pircher, Christian Pirkl, Bernhard Lechner, Walter Wruss, Gerhard Grabner, Ingo Schalk, Tom Richter, HP Zinko, Robert und Christian Brandner, Hansi Rust, Thomas Heschl, Joe Daxbacher, Jürgen Stockbauer, Christoph „Zippy" Heller und Michi „Nede" Nedetzky, Max Ostermayer, Hans Gregoritsch und Paul Kupsa (+).

Mit Routen von 5+ bis 9+ bot die Badlwand allen etwas. Zudem dauerte der Zustieg nur etwa eine Minute und war deshalb bei gehfaulen Flipflopträgern äußerst beliebt. Man konnte abends, nach Job oder Uni noch rasch rausfahren und ein paar Seillängen klettern. Und man traf immer jemanden an zum Tratschen.

Kurz gesagt: „Besser geht's nicht".

Der Zerfall der Galerie bereitete all dem vor ein paar Jahren ein trauriges Ende. Mit einem kleinen, unscheinbaren Loch in der Asphaltdecke unter der Route „Dumpfbacke" begann der suzessive Zerfall dieses, bald 175 Jahre alten, Bauwerks der immer rascher und in immer größerem Umfang voranschritt.

Diejenigen, die die Badlwand noch als Kletterer kennengelernt haben, trauern ihr nach. Die Jungen kennen nur noch so manche Geschichte darüber.

Aber wie so oft: „Das Beste kommt zuletzt"!

Gerüchten zufolge soll die Galerie in den nächsten Jahren saniert werden. Nix genaues weiß man ned aber das, was man weiß, klingt nach „Hand und Fuß". :)

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Kommentare 2

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Rob Harbert

am Dienstag, 05. Februar 2019 12:13

Ja die Badlwand, heiß geliebt von den einen, gehaßt von den anderen. Von mir immer geliebt. Du hast immer dort jemanden getroffen zum klettern und natürlich das wichtigste zum tratschen. Es gab immer lustig Aktionen zb. ein nächtlicher Polizei Einsatz, weil einer meiner besten Kletterpartner zu der Zeit seine Tour bis zum finster werden mit dem Handbohrer eingeboltet hat und sich dann ein Nachtlager ( Schlafsack) aufbaute. Um in aller Früh weiter zu Hämmern. Das Gasthaus war zu dieser Zeit noch offen und die hatten Angst das etwas passiert ist, weil das Auto in der Nacht noch da gestanden ist. Oder wie ein befreundeter Weizer Kletterer auf einmal in ein auftuendes Loch viel. Er hatte Gott sei Dank gerade noch die Arme ausbreiten können und wieder rausklettern. Schade das man auf der Badl nicht mehr klettern kann. Viele schöne Erinnerungen sind mit der Badl verknüpft.

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Ja die Badlwand, heiß geliebt von den einen, gehaßt von den anderen. Von mir immer geliebt. Du hast immer dort jemanden getroffen zum klettern und natürlich das wichtigste zum tratschen. Es gab immer lustig Aktionen zb. ein nächtlicher Polizei Einsatz, weil einer meiner besten Kletterpartner zu der Zeit seine Tour bis zum finster werden mit dem Handbohrer eingeboltet hat und sich dann ein Nachtlager ( Schlafsack) aufbaute. Um in aller Früh weiter zu Hämmern. Das Gasthaus war zu dieser Zeit noch offen und die hatten Angst das etwas passiert ist, weil das Auto in der Nacht noch da gestanden ist. Oder wie ein befreundeter Weizer Kletterer auf einmal in ein auftuendes Loch viel. Er hatte Gott sei Dank gerade noch die Arme ausbreiten können und wieder rausklettern. Schade das man auf der Badl nicht mehr klettern kann. Viele schöne Erinnerungen sind mit der Badl verknüpft.

Bernhard Lechner

am Mittwoch, 06. Februar 2019 22:26

...und natürlich wurde auf den allseits umtriebigen Bernhard L. wieder einmal vergessen. Für den Wahrheitsbeweis plaudere ich sogar ein wenig aus dem Nähkästchen: "Die Schlacht der ungezählten Tränen" kommt in Tolkiens Langweiler Silmarillon vor, durch das ich mich in jenen Tagen quälte. "Die Vielgeliebte" wiederum ist einerseits ein Buch von Jörg Mauthe und andererseits ist es C. aus dem Pernegger Freibad (siehe dazu: "Was Sie schon immer über Zeitgeist.....").
Die beiden Touren haben Nede und ich in Koproduktion gebohrt und erstbegangen.

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...und natürlich wurde auf den allseits umtriebigen Bernhard L. wieder einmal vergessen. Für den Wahrheitsbeweis plaudere ich sogar ein wenig aus dem Nähkästchen: "Die Schlacht der ungezählten Tränen" kommt in Tolkiens Langweiler Silmarillon vor, durch das ich mich in jenen Tagen quälte. "Die Vielgeliebte" wiederum ist einerseits ein Buch von Jörg Mauthe und andererseits ist es C. aus dem Pernegger Freibad (siehe dazu: "Was Sie schon immer über Zeitgeist....."). Die beiden Touren haben Nede und ich in Koproduktion gebohrt und erstbegangen.