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5 Minuten Lesezeit (978 Wörter)

Mein Klettern im Hochschwab

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Der neue „Hochschwabführer" wurde von mir bei der ersten Gelegenheit vorbestellt, dann gekauft und als das Paket vor einer Woche eintraf, war ich durchaus überrascht. Es ist nämlich kein Kletterführer, den man zusammen mit ein paar Bananen, Müsliriegel und einer Wasserflasche einfach in den Rucksack schmeißt oder bei dem man eine Seite rausreißt und sie in den Hosensack steckt, um bei Bedarf die Routenführung zu kontrollieren. Es ist eines jener Bücher, die man ins Bücherregal stellt, dorthin, wo die Bücher sind, die einem besonders wichtig sind. Nach einem ersten, ausführlichen Studium nimmt man ihn von Zeit zu Zeit vom Regal, blättert sich durch die Abenteuer und erinnert sich an die eigenen Erlebnisse.

Kurzum: ein Strong buy für jeden, der es mit dem Auto zumindest bis zum Bodenbauer schafft.

Ich war nie der große Hochschwabkletterer, da mir das Verhältnis von Überhang zu Zustiegszeit im Vergleich zur Hinteren Arena ungünstig erschien. In meiner wirklich starken Zeit, so in den Neunzigern des vergangenen Jahrtausends, war der Hochschwab auch nicht so recht in Mode. Es gibt trotzdem das eine oder andere Erlebnis zu berichten. Meine Begehung des Porzellanpfeilers am Berglandpfeiler weist mich beispielsweise als großen Hochschwabkenner aus. Vom Parkplatz Bodenbauer starteten wir im Eilschritt los und erreichten nach rund einer Stunde die Häuslalm, wo wir zunächst einmal ziemlich betropazt dreinblickten. (Wer die Pointe noch nicht verstanden hat, sollte sich jetzt schleunigst den Hochschwabführer kaufen.) Wir ließen uns aber nicht entmutigen, runter in den Klammboden und erreichten nach rund dreieinhalb Stunden tatsächlich den Einstieg. Der Rotpunkt war dann das geringere Problem.

Mein Wettlauf gegen das Gewitter fand in der Schinko-Nord am Schartenspitz statt, den ich überlegen gewann. Ein Wettersturz am Hochschwab ist allerdings kein Spaß mehr. Ich fuhr eines Tages vom Adlitzgraben nach Hause und sah im Hochschwab die Wolkenfront eines Wettersturzes hängen und dachte mir, na gute Nacht, da ein Freund dort gerade unterwegs war. Eine Woche später sahen wir uns wieder und er berichtete. Er hatte das Plateau erreicht und wollte zur Häuslalm, als das Wetter schlecht wurde. Zwei Tage irrte er durch Nebel, Schnee und Schlechtwetter, bis er schließlich bei Gusswerk irgendwie die Zivilisation wieder erreichte.

Misserfolge muss man im Hochschwab einstecken können. Die zweite Klettertour meines Lebens sollte auf den Mitteralmturm führen. Rückzug nach zehn Metern. Als vierte Klettertour war die Himmelsleiter angedacht und wir stellten noch vor dem ersten Haken fest, dass der Baumgartnerweg schwer genug wäre. Ich erinnere mich noch, wie ich meiner neuen Freundin meine Plattenkletterkünste in „Paulchens Abneigung" präsentieren wollte (immerhin im sechsten Schwierigkeitsgrad), was nicht so recht gelang. Das war aber immer noch besser als bei B., dessen Freundin die gesamte zweite Seillänge des Bodenbauerwegs im Pendelsturzflug zurücklegte.

Eines Tages läutete das Telefon. Ein Freund meines Vaters war dran. Er wisse, dass ich klettere. Er hätte gerade Besuch aus Norddeutschland. Sein Freund würde sich nichts mehr wünschen, als einmal durch die Südwand des Hochschwabs zu klettern. Diesen Wunsch konnte ich ihm erfüllen, vor allem, da ich mit der Himmelsleiter noch eine Rechnung offen hatte. Ich war damals schon ganz gut in Form, so auf 8a rotpunkt und 7b onsight, sodass mich die Himmelsleiter zwar beeindruckte und ich die ersten zwei und die letzten beiden Seillänge als überraschend schwer, aber sehr gelungen empfand. Mein Seilpartner war offenbar anderer Meinung. Der Freund meines Vaters rief wieder an, bedankte sich und meinte, dass sein Freund nach Hause gekommen sei, ohne Essen ohne nix ins Bett gefallen sei und nur gemeint hätte, dass man auch weniger anstrengend Selbstmord machen könnte.

Jetzt kommen wir zu meinen Hochschwaberfolgen und die sind nicht von schlechten Eltern. Gerhard Grabner hat die Route „Allein am Stein" am Ghackstein, wie schon der Name sagt, im Alleingang eingerichtet und erstbegangen und ich nehme für Peter Schwald und mich die Ehre in Anspruch, die Seilschaftserstbegehung unter erschwerten Bedingungen durchgeführt zu haben. So sehr ich nämlich am Einstieg den Rucksack auch rüttelte und schüttelte, es purzelten nur zwei linke Kletterschuhe raus. Mein Glück war, dass ich erstens ein Großschuhkletterer bin und zweitens die damaligen Kletterschuhe weder gebogen noch vorgespannt waren. Mein rechter Fuß passte also halbwegs in den linken Kletterschuh. Nach der ersten Seillänge hatte ich den Dreh heraus: mit dem falschbeschuhten Fuß vor allem mit dem Außenrist klettern und so konnte ich einen makellosen Onsight hinlegen. Um Mißverständnisse zu vermeiden: ich bin alles vorgestiegen.

Wirklich stolz, so wirklich bin ich auf meine Onsightbegehung der Dornenvögel am Schartenspitz. Wie mir das gelang, ist mir selbst ein Rätsel. Ich schnappte von einer möglichen Leiste zur nächsten, verschwendete keine Ressourcen in das Klinken der Haken und war dann irgendwie über der Schlüsselstelle.

Das Dornröschenwandl, beim Bodenbauer zwischen Hundswand und Häuslalm ist eine Reise wert. Plattenklettern bis -so der O-Ton von P.- man glaubt, dass eine Biene im Kletterschuh sitzt und immer wieder in den großen Zehen sticht. 6c+ ist dort die schwierigste Route, was bei Platten schon was ist. Adam Ondra lockt man damit nicht hinter dem Ofen hervor und man schafft es damit auch nicht ins „Climbing Daily". Ich bin trotzdem stolz auf meinen Onsight, weil ein am Rastpunkt vor der Schlüsselstelle durchgeführtes Risk Assessment folgendes ergab:

  • i.)Ich habe keine Ahnung wie man die Schlüsselstelle klettert.
  • ii.)Der Abstand zwischen den Haken ist für einen gefahrlosen Sturz zu weit.
  • iii.)Ein geordneter Rückzug ist im Run-Out aufgrund der kleinen Grifflein und Reibungstrittlein nicht machbar.

Man gönnt sich sonst nichts im Leben – also rein ins Vergnügen. Es stellte sich dann noch folgendes heraus:

  • iv.)Die Schlüsselstelle ist sauschwer.
  • v.)Die Nase des Karabiners könnte durch ein Felszackerl aufgedrückt werden.
  • vi.)In Kopfhöhe wird fleißig an einem Wespennest gebastelt.

Wie wird es weiter gehen mit mir und dem Hochschwab? Ich habe da so eine Vermutung, wenn man den Verlauf meines Webbrowsers oder meine Frühstückslektüre anschaut...

1985 am Einstieg des Baumgartnerwegs und 35 Jahre später in der Dornröschenwand. Man beachte die stilechten Knickerbocker!

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Kommentare 1

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Ewald Reicher

am Dienstag, 07. Juli 2020 09:52

einfach genial dieser Artikel

  • 1
einfach genial dieser Artikel:p