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5 Minuten Lesezeit (1030 Wörter)

Am Kugelstein im Mondschein

Screenshot_20191211-115823_Video-Player Ameisenriss - Kugelstein
Christoph und ich

Der bellende Hund beim Zustieg war schlussendlich wohl doch als Warnzeichen zu verstehen.

Es gibt nichts Besseres als montags nach Feierabend eine Mehrseillänge zu klettern. Der „Ameisenriss" am Kugelstein ist schon länger auf meiner Wunschliste, der soll es werden. 

5/5+ ist doch kein Problem. Die Zuversicht das wir das locker schaffen kam aus einer Tour ein paar Wochen davor mit einem anderen Kletterpartner. Die „Waschrumpl" auf der roten Wand sind wir montags um 17Uhr nach einem kurzen Gewitter eingestiegen und konnten sie problemlos mit reichlich Zeit für den Abstieg mit Licht beenden, sogar mit einem Bier nach dem Ausstieg.

Es ist Mitte Juli, immerhin ist es lange hell. 

Christoph vor dem Einstieg

Also auf zum Kugelstein. Kurzer Zustieg (ca. 5min), somit gehen wir erst um 17Uhr vom Parkplatz bei der kleinen Brücke los. Beim Eingang in den Wald parkte ein Wohnmobil, davor ein großer Hund an einer langen Kette. Von diesem angebellt, machten wir erstmal halt. Der Eingang war für uns blockiert, wir wollten nichts riskieren. Bis sein Herrchen aus dem Wohnmobil gekommen ist um den Hund einzuhalten hat es eine Weile gedauert.

Endlich geht es weiter und wir waren beim Einstieg. Das wir vor der „Henkelgalerie" stehen wurde mir schnell bewusst. Die weitere Suche nach dem Einstieg vom „Ameisenriss" dauerte einige Zeit. Einstieg gefunden, perfekt. Klettergurt anlegen, Material vorbereiten, kurzer Uhrzeitcheck – 17:30, los geht's. Jedoch mit dem Bewusstsein, dass wir spät dran waren. Geplant war der Einstieg um 17:10Uhr. Der Plan war um 20Uhr auszusteigen bzw. um 20Uhr eine Entscheidung über einen möglichen Rückzug zu treffen. Vier Seillängen vom „Ameisenriss" plus weitere drei Seillängen von „oberer Girandolenweg". 

Christoph führte die erste Seillänge. Nach circa 20m war plötzlich Endstation, kein Stand in Sicht, kein weiterer Bohrhaken in Sicht und es fühlt sich nicht richtig an. Ein zweiter Blick in die Topo verriet uns das er in die Route „Schanigarten" eingestiegen ist und die 7er Stelle einfach zu schwer war (wir erwarteten eine 4+ Seillänge). Also Abseilen und die erste Seillänge noch mal von vorn, diesmal die Richtige. Christoph hat Stand und ich klettere nach. Keiner von uns hat auf die Uhr geschaut. Zweite Seillänge, ich im Vorstieg. Der ausgesetzte steile Quergang mit sehr wenig Strukturen zum Halten hat mir zu schaffen gemacht und nach einigen Versuchen der Schlüsselstelle musste ich den Vorstieg abbrechen. Ich habe eine Bandschlinge um ein kleines Bäumchen gelegt an der Christoph mich wieder zum Standplatz abgelassen hat. Also wieder er im Vorstieg und er ist es problemlos geklettert. Im Nachstieg war es dann auch für mich kein Problem. Es ist immer wieder erstaunlich wie das Gehirn einen austricksen kann. Die dritte und vierte Seillänge liefen dann problemlos. Wobei die dritte Seillänge für mich im Vorstieg kein Problem war, für Christoph jedoch schon. Im Standplatz nach der vierten Seillänge dann der längst überfällige Uhrzeitcheck – verdammt, es ist 10 Minuten vor 20Uhr, wir müssen eine Entscheidung treffen.  

Wir hatten drei Optionen:

1 Die restlichen drei Seillängen klettern mit dem Risiko das es dunkel wird, jedoch mit dem Vorteil das wir normal absteigen können

2 Abseilen über „Girandolenweg". Beim Abseilstand waren wir schon vorbei und wieder abklettern war eher keine Option

3 Über den „Panoramaweg" lt. Topo zur Abseilschlucht 

Die gemeinsame Entscheidung fiel schnell auf Option3. Wir nehmen den „Panoramaweg", gehen zur Abseilschlucht und steigen den Rest ab. Klingt nicht kompliziert und geht schnell.

Falsch gedacht. Der Weg dorthin war anstrengender als erwartet. Der Quergang lang, die Kletterschuhe die falsche Wahl und eine kurze Kletterei (ca. 3m) im ausgesetzten Gelände ohne Plan wo es langgeht. Wir waren über das Seil verbunden und sind den „Panoramaweg" gesichert gegangen. Zuerst Christoph, dann ich. Im Vorstieg wollte ich mich an einer Wand festhalten, sowie meine Hand den Griff berührt hat ist ein großes Stück Fels ausgebrochen. Der „Panoramaweg" war absolut nicht angenehm und er wird mich (hoffentlich) nie wiedersehen.

Ankunft beim ersten Fixseil am Beginn der Abseilschlucht um 21:15Uhr. Wir haben 1h15min gebraucht, es ist stockdunkel und wir sind noch immer auf der gleichen Höhe wie der Standplatz von der vierten Seillänge. Unser Zeitgefühl ist in diesem Quergang verloren gegangen, wir konnten uns nicht erklären was so lang gedauert hat. Also versuchen wir im Lichtkegel unserer Stirnlampen weiterzukommen.

Christoph nach dem "Panoramaweg"

Der Abstieg zum Abseilstand ist steil und der Boden locker, das Fixseil nicht wirklich vertrauenserweckend. Wir haben trotzdem einen Prusik um das Fixseil gelegt um einen halbwegs sicheren Abstieg zu gewährleisten. Nach einer gefühlten Ewigkeit sind wir dann endlich am Abseilstand angekommen.

Erwartet haben wir uns, dass wir uns nur abseilen müssen und dann bequem zum Auto gehen können. Es ist mittlerweile 21:45Uhr. Im Dunkeln mussten wir uns über den Überhang abseilen und konnten von oben nicht sehen ob das Seil bis zum Boden reicht oder nicht. Es stand 20m in der Topo, also haben wir es riskiert. Knoten haben wir natürlich auch in beide Seilenden gemacht.

Nach dem Abseilen dann die Überraschung, es geht gleich steil weiter und der Boden ist wieder unangenehm locker - nur diesmal ohne Fixseil. Also nochmal behelfsmäßig abseilen und mehr oder weniger den Rest der Schlucht runterrutschen. Zum Glück haben wir bei dieser Aktion nicht den Humor verloren und waren mit voller Konzentration dabei. Der erste Blick auf die Straße war eine Erleichterung für uns.

22:30Uhr: Ankunft beim Auto, müde, blutig und Stolz das wir den Rückzug ohne größere Probleme meistern konnten.

Einen Fehler müssen wir uns allerdings eingestehen, im Kofferraum vom Auto hat kein Bier auf uns gewartet. Zu der Uhrzeit hatte auf unserem Weg auch nichts mehr offen, nicht mal eine Tankstelle. Zum Glück war das goldene M nicht weit weg, da gibt es auch Bier.

Und das haben wir uns verdient.


Diese Aktion hat mich keineswegs von Feierabendtouren abgeschreckt.

Doch für die nächste Tour gilt: „plan the climb and climb the plan".

Peggau bei Nacht
Ich beim Abseilen
Christoph beim Abseilen

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Kommentare 2

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nixtuer

am Donnerstag, 12. Dezember 2019 19:34

Danke! Mit kopfkino absolut genial.
Aufpassen, aber net aufgeben.

  • 2
Danke! Mit kopfkino absolut genial. Aufpassen, aber net aufgeben.

Heimo Mihok

am Freitag, 13. Dezember 2019 00:05

Vielen Dank! Da geb ich dir Recht

  • 0
Vielen Dank! Da geb ich dir Recht :D