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6 Minuten Lesezeit (1142 Wörter)

Jasmin Plank - Lebenslauf einer Kämpferin

68607617_2378019659085546_2565061641490137088_n Jasmin Plank im Wettkampf, photo credit: Moritz Liebhabert:

"Wenn dir das Leben Zitronen gibt, dann frag nach Salz und Tequila!"

photo credit: Archiv Jasmin Plank

Der Zufall wollte es (achja Zufälle gibt´s ja keine), dass ich das Glück hatte, in den letzten Monaten einige Mitglieder des österreichischen Paraclimbing Nationalteams kennenlernen zu dürfen.

Für mich ist es unglaublich begeisternd, wie sich diese sympathischen Mädels und Jungs trotz ihrer Handicaps in der vertikalen Welt bewegen. Wie Angelino, Daniel, Jasmin, Miri, Bostjan und all die anderen den Klettersport lieben und leben und trotz aller Schwierigkeiten keine Sekunde daran denken aufzugeben.

Jasmin Plank aus Hall in Tirol gibt uns einen Einblick in ihr Leben:

Schon im Dezember 1987 sorgte ich in der Familie für Aufsehen. Meine Mutter war zum dritten Mal schwanger. Das Besondere daran – mein Vater sollte eigentlich nicht die Fähigkeit besitzen, Kinder auf natürlichem Weg zu zeugen.

Im August 1988 war es dann soweit, das Familienglück meiner Eltern war mit der ersehnten Tochter perfekt. JASMIN war nun der Mittelpunkt im Familienclan.

Ich hatte eine wunderschöne Kindheit, eingebettet in einer Großfamilie, in der immer jemand da oder greifbar war. Aufgrund meiner zwei, wesentlich älteren, Brüder lernte ich schnell mir ein gewisses Durchsetzungsvermögen aufzubauen. Es war wirklich nicht immer ganz einfach, sich gegen die Jungs durchzusetzen.
Wie es sich für ein richtiges „Tiroler Madl „ gehört, war ich als Kind bei den Schützen, immer streng bewacht von meinen großen Brüdern.
Doch schon in meinen Kindertagen musste ich mich mit schweren Erkrankungen auseinandersetzen. Ich war gerade 10 Jahre alt als meine Oma die Diagnose Hirntumor bekam. Zum ersten Mal bemerkte ich, dass die Welt nicht nur aus rosa Wolken bestand. Die Oma war eine der wichtigsten Personen in meinem Leben -
Aber warum gerade sie ? Es war dies eine der Fragen, die ich mir im Leben noch öfter stellen würde.
Ein knappes Jahr später wurde bei meinem Vater Hodenkrebs festgestellt. Seine Prognose sollte noch schlimmer sein als bei Oma. Es wurde meinem Vater erklärt, dass er nur noch ein Jahr zu leben hätte. Die Familie war erschüttert, nur einer nicht – mein PAPA. Denn er meinte -„NEIN" - ganz bestimmt nicht – ich bin noch nicht bereit zu sterben. Papa unterzog sich der schweren Operation, wählte danach allerdings nicht die Optionen der Ärzte, sondern kämpfte auf seine Art ums Weiterleben. Er zeigte, dass sich kämpfen lohnen kann. Für meine Oma ging der Kampf nicht auf, sie starb 2003 an den Folgen ihres Krebsleidens. Mein Vater hingegen konnte im Jahr 2009 als geheilt angesehen werden. Ich bin überglücklich, dieses Kampfgen von ihm geerbt zu haben.
Diese schweren Erkrankungen prägten meine Kindheit. Ich wollte anderen Menschen helfen und so kam es, dass ich schon im Alter von 11 Jahren zum Jugendrotkreuz kam. Auch da hatte ich meinen Kopf durchgesetzt, denn eigentlich wurde man erst mit 14 Jahren bei der Rettung aufgenommen.
Mit 15 Jahren beendete ich die Pflichtschule und begann, auf anraten meiner Eltern, eine Lehre als Einzelhandelskauffrau. Allerdings wusste ich damals schon, dass dies nur ein Zwischenstopp sein würde, denn ich wollte schon immer in einen Sozialberuf. 2006 schloss ich die Lehre mit gutem Erfolg ab. Anschließend machte ich mich auf die Suche nach meinen Traumberuf. Das erwies sich dann als nicht ganz so einfach. Trotzdem bekam ich 2008 die Chance, die Ausbildung zur Früherzieherin zu machen. Ich war überglücklich und beendete diese 2011 mit Bravour. Im Zuge meiner Abschlussarbeit war ich auf die Zusammenarbeit der Stadtgemeinde Hall angewiesen. In einem der Gespräche erzählte mir dann Herr Golderer, dass die Stadt eine Kinderkrippe eröffnen wird. Ich bekam die Chance, mein Wissen und Können unter Beweis zu stellen. Mit meinem Durchsetzungsvermögen schaffte ich es auch , die Inspektorin vom Land Tirol zu überzeugen – ich bekam den Job als Leiterin der Kinderkrippe.
Mein berufliches Ziel hatte ich erreicht, das Leben konnte nicht besser laufen – bis zum Tag meines ersten Schubes, einer Sehnerventzündung am linken Auge.
Als ich dann kurze Zeit darauf den zweien Schub bekam wurde mir klar, dass mein Leben sich total verändern würde und nie mehr so sein kann, wie vor meiner Krankheit. Die Diagnose – Spastische Tetraparese – unvollständige Lähmung aller vier Extremitäten. Wieso und woher diese Krankheit kam ist bis heute ungeklärt.
Ich dachte an frühere Zeiten und meine sportlichen Aktivitäten als ich im März 2016 den bis dahin stärksten Schub bekam und mir wurde bewusst, wie sehr mir diese in meinem Leben fehlten. Durch diese Gedanken beflügelt und mit dem Entschluss, trotz allem auch weiterhin Sport betreiben zu wollen, machte ich mich auf die Suche nach einer geeigneten Sportart für mich und meine Erkrankung.

Im Wettkampf, photo credit: Archiv Jasmin Plank

Erst durch eine engagierte Psychologin, die mich durch die Reha begleitet hat, kam ich zu meinen ersten Kletterversuchen und stellte fest, dass das genau der richtige Sport für mich ist.
Im Sommer 2017 wurde ich bereits Teil des Österreichischen Nationalteams und schon im September 2018 habe ich im Sport mein persönliches Highlight erlebt.
Ich durfte bei der Weltmeisterschaft starten und konnte den starken 5. Platz belegen.
Eine Woche später sollte ich dafür belohnt werden, ich durfte mit meinem Sponsor meine erste Mehrseillängenroute in den Dolomiten bezwingen. Es war einer der schönsten Tage die ich je erleben durfte. So etwas wollte ich nun öfter machen. Doch das Leben hatte schon wieder einmal andere Pläne für mich vorbereitet. Das Ende der Tour erreicht, ich setzte mich hin um die Kletterschuhe auszuziehen, als die Seilschaft über uns einen Stein löste. Ich konnte nicht mehr ausweichen und schon war es geschehen – ein 60cm großer Stein traf mich am Ellbogen und Ringfinger. Ich hatte unsagbares Glück, dass die Mitglieder der Tiroler Bergrettung in den Dolomiten auf Urlaub waren. So wurde ich sofort professionell versorgt, kam recht schnell in das nächste Krankenhaus und war froh, dass alles so glimpflich ausgegangen war. Zumindest war ich damals noch der Meinung – ach nur ein Finger – halb so schlimm. Doch dann wurde ich eines Besseren belehrt.
Nachdem ich nämlich zum 2.Mal innerhalb von zwei Tagen operiert werden musste, meldete sich meine Grunderkrankung zu Wort – ich landete im Rollstuhl.
Mein Leben änderte sich schon wieder schlagartig.
Einfach – diesen Zustand habe ich schon lange nicht mehr erlebt, aber auch hier versuchte ich mich nicht unterkriegen zu lassen.
Inzwischen wurde ich schon zum vierten Mal operiert, hab als Komplikation nach der letzten Operation einen Beckenbruch erlitten.
Doch mein Glaube erinnert mich immer wieder daran, dass alles aus einem guten Grund passiert. Ich lernte durch diesen Unfall aufs Neue, wie sehr meine Familie und die Freunde hinter mir stehen. Ich erkannte durch meine Krankheit auch, wer meine wahren Freunde sind. Naja, durch den Unfall musste ich lernen, notwendige Hilfe anzunehmen. Wobei mir das immer noch sehr schwer fällt.
Eines bleibt mir für immer – mein Leitsatz:
Normal ist etwas für Anfänger und:
man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen! 

Im Wettkampf, photo credit: Moritz Liebhaber

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