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3 Minuten Lesezeit (599 Wörter)

Eine Liebeserklärung an unsere Belationships

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Schon oft stand ich vor Selbstsicherungsautomaten, den so genannten Toppas, und habe mich gefragt: Einfach mal ausprobieren? Doch irgendetwas hat sich in mir immer gesträubt. Mein erster Gedanke: Ist doch beängstigend, sich einfach so in das Seil zu setzen… Was würde wohl passieren, wenn der Automat nicht richtig funktioniert? Wirklich rational ist dieser Gedanke natürlich nicht, denn eine Maschine ist vermutlich weniger fehleranfällig als Menschen. Also sind es scheinbar eher emotionale Gründe, die mich bisher davon abgehalten haben.

Bevor es diese Automaten gab, war Klettern ein Sport, den man nur zu zweit machen konnte. Das allein macht das Klettern noch nicht zu etwas Besonderem. Auf viele andere Sportarten trifft das auch zu. Früher habe ich viel Tennis gespielt. Hatte niemand Zeit, gab es kein Match. Heute kenne ich das vom Klettern: Finde ich keinen Kletterpartner oder keine Kletterpartnerin, kann ich eben nicht klettern gehen. Und trotzdem gibt es einen großen Unterschied: Beim Tennis suchte ich nach einem Gegner. Beim Klettern suche ich jemanden, der mich weich fängt, falls ich falle. Jemanden, der mich anfeuern kann, wenn ich noch nicht bereit dazu bin, meine Komfortzone zu verlassen. Jemanden, der mir das Vertrauen schenkt, immer in sicheren Händen zu sein. Beim Tennis kommt man kaum umhin, sich mit dem Partner oder der Partnerin zu messen. Denn bei einem Match gibt es immer genau einen Gewinner und einen Verlierer. Bei Seilschaften ist das anders: Dort gibt es entweder zwei Gewinner oder zwei Verlierer.

Belationships sind besonders... 

Und das macht sie vielleicht so besonders, unsere Belaytionships. Grundvoraussetzung ist natürlich die Sicherungskompetenz und eine entsprechende Haltung zum Thema Sicherheit, die ein Vertrauen in meinen Kletterpartner oder meine Kletterpartnerin erst möglich macht. Ist das erfüllt, wird es zwischenmenschlich…Jede Belationship ist anders. Wie wir mit der Person im restlichen Leben verbunden sind, wirkt sich auch auf unsere Seilschaft aus. Die engste Verbindung empfinde ich, wenn ich mit meinem Partner klettere. Auch wenn Freunschaft über die Seilschaft hinaus geht, spüre ich viel Nähe. Mit Máté verbindet mich jenseits des Seils unsere gemeinsame Kletterschule - diese gäbe es ohne unsere Kletterei nicht und viele Ideen sind während unserer Klettersessions entstanden. Was alle meine Kletterpartner*innen vereint: Ich habe zu ihnen eine ganz besondere Art von Vertrauen aufgebaut. Ich lege immer wieder mein Leben in ihre Hände und ich liebe sie dafür, dass sie so verantwortungsbewusst damit umgehen. Und ich bin dankbar dafür, dass es sind Seilschaften sind, in denen immer wir beide die Gewinner sind.

Doch was, wenn es in der Belationship knirscht? Seilschaften können wie ein Spiegelbild des echten Lebens sein. Es kann zu Eifersucht kommen, wenn einer von beiden einen neuen Kletterpartner oder eine neue Kletterpartnerin kennenlernt. Es kann zu einem Wettbewerb führen, der in einer Seilschaft eigentlich gar nichts verloren hat. Und je näher wir uns im echten Leben stehen, desto eher können alltägliche Themen Einzug in unsere Seilschaft erhalten, die dort dann zu Störungen führen. Dann werden wir vielleicht beide zu Verlierern. Dann bekommt der Toppas vielleicht einen neuen Charme für uns: Denn mit ihm haben wir nicht noch kurz vor dem Klettern gestritten. Er wird die 8+ nicht besser klettern als wir. Und er hat immer Zeit für uns…

Beim letzten Blick auf die Selbstsicherungsautomaten ist mir bewusst geworden: Sie haben mich noch nie gereizt, weil ich tolle Balationships habe. Und mir ist bewusst geworden, dass ich sehr dankbar für meine Kletterpartner*innen bin. Für jede einzelne Belationship, die auf ihre eigene Art und Weise etwas Besonderes ist und die das Klettern für mich zu dem macht, was es ist: Ein gemeinsames Erlebnis, zu dem immer zwei Menschen gehören.

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