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4 Minuten Lesezeit (711 Wörter)

Lockdown? Pull-up! Teil 2

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In den letzten Jahren war es mir des Öfteren im blochouse zuviel. Ich versuchte, bereits um halb vier mit dem Bouldern zu beginnen, um dann um sechs fluchtfertig zu sein. Ich stand anschließend oft bei den Umkleiden, schaute in den Kletterbereich und dachte mir:" Tausend! Tausend Leute gehen an einem guten Tag in Graz klettern. Unvorstellbar."

Ich erinnerte mich schwermütig an den Trainingswinter 91/92. Es gab (soweit ich weiß, vielleicht war das USI schon offen oder der Boulderraum in Kapfenberg?) einen einzigen Kletterraum in der Steiermark. (Die Geschichte der steirischen Kletterhallen, beginnend von der unverputzten Mauer im Keller meines Elternhauses bis zum Newton, ist eine andere Geschichte und sie wird ein andernmal erzählt werden). Ich war der einzige Besucher dort und schaute beim Fenster hinaus und hoffte, dass wenigstens irgendjemand vorbeikommen würde. Aber wer sollte sich in den Holzschuppen hinter dem Bahnhof von Mixnitz verirren? Meiner Kletterform war das kleine Boulderkabäuschen aber sehr zuträglich und katapultierte mich von Jupis Traum zum Sandlerkönig, der mir ziemlich leicht vorkam.

Jetzt sind die Kletterhallen wieder zu und sie (blochouse, Newton oder boulderclub, ganz egal) fehlen mir sehr. ALLERDINGS – diesmal erwischte mich der Lockdown nicht unvorbereitet.


Aufbau der Version 2. Elektronik ist auf der Rückseite.
Analyse der Oberkörperschnellkraft. Je weiter rechts, umso besser.

Der in Lockdown? Pull-up! Teil 1 beschriebene Messaufbau wurde kräftig ausgebaut. Das mickrige Griffboard wurde auf die zweite Ebene transferiert. Im Erdgeschoß dient ein Fingerschinder als Startpunkt. Der Vorteil ist, dass man nun auch dynamische Bewegungen erfassen kann. Wie führe ich den Dynamo aus und wie lange brauche ich, um mich am Zielgriff zu stabilisieren? Die Messfrequenz wurde auf 80 Hz erhöht. Da man sich heutzutage ja so selten in einer Videokonferenz sieht (harharhar), wurde eine mit den Messdaten zeitsynchrone Videoaufzeichnung programmiert und – Daten sind das neue Gold! – Referenzdaten wurden aufgezeichnet.

Obenstehend ist ein kleiner Teil dieser Daten dargestellt. Die Nummern sind die Kletterer. Die Namen preiszugeben, verbietet mir die Datenschutzgrundverordnung, aber sie sind allesamt saugut. Ich bin übrigens die Nummer 20. Was PC1 und PC2 bedeuten, braucht euch jetzt nicht zu interessieren. Wer will, kann sich in Datamining-Büchern schlau machen. Wichtig ist nur: je weiter rechts, umso besser! Je weiter oben, umso später beschleunigt man. Das ist im Endergebnis aber nicht sehr wichtig. Somit dürfte klar sein, dass man mich eher in der Verfolgergruppe ortet.

Die Übung war ein Doppeldyno vom Fingerschinder zum Griffboard (siehe Video). Es geht also um die Schnellkraft im Oberkörper. Nummer 9 und 10 lassen wir jetzt außer Betracht. Meine Kinder sind älter als die beiden Dreikäsehochs. Nein, Ziel ist die Nummer 2, denn dann reicht die Kraft für eine 9a und den Vizestaatsmeistertitel. Ich will realistisch bleiben. Den Jakob Schubert werde ich nicht mehr packen. Wenn die Kraft da ist,wird es wohl an der Technik nicht scheitern. Oder an der Koordination vielleicht? Mit meinen gefühlten 25 Jahren bin ich einerseits im Höchstleistungsalter und andererseits kann ich zusätzlich auf 35 Jahre Klettererfahrung zurückblicken. Das sollte reichen, zumal die gesamte im Diagramm dargestellte Sippschaft noch gar nicht auf der Welt war, als ich meine erste 8b kletterte.

Nummer 1 macht mir auch Sorgen. Bei der Oberkörperschnellkraft ist sie zwar in Reichweite, allerdings -potzblitz- innerhalb von 0.25 Sekunden kann sie ihr ganzes Körpergewicht auf den Griff bringen – mit einer Hand natürlich. Das wird knapp. Ich schaffe 60 % in zwei Sekunden. Könnte sein, dass ich nicht mehr Staatsmeisterin im Bouldern werde.

Zum Abschluss noch zwei Sachen: da ich angemerkt habe, dass ich mich der Lockdown nicht unvorbereitet traf: Die im Bild links oben dargestellten Vorräte sind nur ein kleiner Teil des Alkohollagers.

Zweitens: Warum das Ganze erklärt sich im Bild ganz unten. Ende November 2020. Letzter schöner Herbsttag des Jahres und die letzte Seillänge des Mauerseglers in der Hundswand. Ihr könnt mir glauben, dass ich mir bei jedem einzelnen Zug wünschte, sie wäre 100 m lang.

Letzte Seillänge Mauersegler. Genau richtig: so schwer, dass man sich ein bissi anstrengen muss, aber leicht genug, dass man bestimmt nicht runterfällt.

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